Hospiz- und Palliativgesetz

Sterben in Würde?

Fleiß bescheinigen fast alle Koalitionäre Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). 28 Gesetze seines Ressorts passierten seit 2013 den Bundestag. Die "Ärzte Zeitung" unterzieht die wichtigsten Eckpunkte einem Haltbarkeitstest: Welche Regelungen greifen, welche bleiben bisher Placebo?

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Die Versorgung von schwer-und sterbenskranken Menschen auf ein festes Fundament stellen – das ist die Kernidee des Palliativ- und Hospizgesetzes, das der Bundestag im November 2015 verabschiedet hat.

  • Die Palliativversorgungwird mit dem Gesetz ausdrücklicher Bestandteil der Regelversorgung in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Ärzte und Krankenkassen sollen zusätzliche Vergütungen vereinbaren, um die Versorgung und auch die Ausbildung der Mediziner auf diesem Gebiet zu verbessern.
  • Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV), seit Jahren vom Gesetzgeber festgeklopft, soll endlich flächendeckend verbreitet werden.
  • Strukturschwache und ländliche Regionen rücken in den Fokus, um auch dort die Palliativversorgung auszubauen. Weitere Ziele des Gesetzes: eine bessere Vernetzung von Angeboten und eine engere Kooperation der Leistungserbringer.

  • Kernproblem 1: Mit dem Hospiz- und Palliativgesetz haben KBV und Krankenkassen den Auftrag erhalten, Voraussetzungen für eine besonders qualifizierte und koordinierte palliativmedizinische Versorgung festzulegen. Ziel ist es, die Übergänge zwischen kurativer Behandlung und palliativmedizinischer Versorgung sowie SAPV fließend zu gestalten. KBV und GKV-Spitzenverband haben sich inzwischen auf Qualitätskriterien für neue EBM-Leistungen verständigt. Diese stoßen aber auf massive Kritik beim Deutschen Hausärzteverband, der seine Mitglieder im Vergleich zu Fachärzten benachteiligt sieht. Prognose: Weitere Verteilungskonflikte sind zu erwarten, die die Weiterentwicklung dieses Versorgungsbereichs blockieren werden.
  • Kernproblem 2: Der ohnehin seit Jahren in vielen Regionen stockende Aufbau einer flächendeckenden SAPV-Versorgung wird durch ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf von Juni 2016 massiv erschwert. Danach unterliegen SAPV-Verträge dem Vergaberecht und müssen europaweit ausgeschrieben werden. In Regionen, in denen noch keine Verträge abgeschlossen worden sind, gibt es inzwischen einen Stillstand. Auch die Verunsicherung bei schon bestehenden SAPV-Teams ist groß. Die Gesundheitsministerkonferenz hat die Bundesregierung aufgefordert, zügig Klarheit zu schaffen. Die Forderung: Verträge zur SAPV müssten vom Anwendungsbereich des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommen werden. Prognose: Eine Stagnation in diesem Versorgungsbereich ist wahrscheinlich. Zur Erinnerung: Den Rechtsanspruch auf SAPV gibt es bereits seit 2007. (fuh)
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