Gesundheitspolitik in Nahaufnahme

E-Health-Gesetz – Nur ein Anstoß zur Digitalisierung

Die "Ärzte Zeitung" unterzieht die wichtigsten Gesetze aus der Amtszeit Hermann Gröhes (CDU) einem Haltbarkeitstest: Welche Regelungen greifen, welche bleiben bisher Placebo? Heute: Das E-Health-Gesetz.

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Zu kurz und doch zu weit gesprungen? Als das E-Health-Gesetz Ende 2015 verabschiedet war, wurde das Gesetz von der Gesundheits-IT-Branche und auch von anderen Playern im Gesundheitswesen als zu ängstlich kritisiert.

Zu wenig setze die Regierungskoalition auf den konsequenten Einsatz der Telematik im Gesundheitswesen, hieß es. Ein Medikationsplan auf Papier in einem E-Health-Gesetz? Das passe einfach nicht zusammen.

Zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes lässt sich immerhin konstatieren, dass einiges erreicht worden ist, aber letztlich ist es doch nicht mehr als ein erster Anstoß gewesen. Zudem sind manche Fristen trotz allem noch für Selbstverwaltung und Industrie zu ambitioniert gewesen:

  • Gesundheitskarte: Das Gesetz sollte endlich den Online-Rollout der Gesundheitskarte und die Etablierung der Telematikinfrastruktur (TI) bringen. Immerhin sind inzwischen die Tests für den Stammdatenaustausch erfolgreich abgeschlossen, der Online-Rollout soll in diesem Herbst noch in der Fläche starten. Allerdings sind die vom Gesetz gezogenen Fristen nicht eingehalten worden. Bislang ist eine Verlängerung um sechs Monate bis zum 31. Dezember 2018 angedacht. Erst dann droht ein Abzug beim Arzthonorar, wenn eine Praxis nicht an die TI angeschlossen ist. Auch die anderen Anwendungen wie die elektronische Patientenakte werden voraussichtlich nach hinten verschoben. Krankenkassen wie die TK und die AOK treiben daher eigene Gesundheitsakten-Modelle mit Einbezug der Patienten voran.
  • Telemedizin in der Regelversorgung: Der Gesetzgeber hat der Selbstverwaltung aufgegeben, telemedizinische Leistungen in den EBM aufzunehmen. Die vorgegebenen Fristen fürs Telekonsil (vor allem in der Radiologie) und für die Videosprechstunde haben KBV und GKV-Spitzenverband gehalten. Doch ist teilweise die Umsetzung aufgrund der technischen Vorgaben komplex.
  • Auch ist die Bewertung der neuen Leistungen, vor allem für die Videosprechstunde, unter Ärzten umstritten.
  • Förderung des E-Arztbriefes: Auch für den elektronischen Arztbrief ist die Förderung rechtzeitig umgesetzt worden. Sie gilt unter Ärzten jedoch als gescheitert, weil der Aufwand, der für einen digital signierten E-Arztbrief betrieben werden muss, nicht durch das Honorar von 27 oder 28 Cent für Empfänger und Sender aufgefangen wird. Die Übermittlung per Fax wird immer noch besser bezahlt.
  • Medikationsplan: Der bundeseinheitliche Medikationsplan auf Papier war von Anfang an umstritten, weil er nicht in eine digitalisierte Welt passe. Er ist von der Selbstverwaltung fristgerecht umgesetzt worden, doch belohnt die Honorierung Ärzte nicht, die beim Erstellen des Medikationsplans sorgfältig vorgehen.
  • Die Übertragung des Plans auf die eGK ist für Januar 2019 vorgesehen, ob die Frist gehalten werden kann, ist unsicher.
  • Interoperabilitätsverzeichnis: Die gematik hat Mitte 2017 gemäß den Vorgaben ein Interoperabilitätsverzeichnis eingerichtet, das für die Akteure den Einsatz von Schnittstellen für eine sektorübergreifende Versorgung beschleunigen soll.
  • Insgesamt hat das Gesetz die Digitalisierung vorangebracht. Doch wird für die neue Legislatur bereits ein E-Health-Gesetz 2.0 gefordert. (ger)
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