Nach Jamaika-Aus

FDP-Chef gibt den "Bastafari" – Steinmeier gegen Neuwahlen

Die FDP ist aus den Jamaika-Gesprächen ausgestiegen. Bundespräsident Frank Walter Steinmeier erteilt schnellen Neuwahlen eine Absage. KBV-Chef Gassen fordert Tempo.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
FDP-Chef gibt den "Bastafari" – Steinmeier gegen Neuwahlen

© picture alliance / Bernd von Jutrczenka

BERLIN. Kurz vor Mitternacht am Sonntag war FDP-Parteichef Christian Lindner vor die Presse getreten und hatte das Ende der schwarz-gelb-grünen Zweckgemeinschaft verkündet. "Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren", überschrieb er sein Statement. Schnell machte am Montag das Wort "Neuwahlen" die Runde. Doch Bundespräsident Frank Walter Steinmeier, der als Verfassungsorgan dabei derzeit die wichtigste Rolle spielen würde, ließ sich nicht darauf ein.

Er erinnerte nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel die Parteien an ihre politische Verantwortung. "Der Auftrag für eine Regierungsbildung besteht fort. Die Parteien hätten sich am 24. September um die Verantwortung für Deutschland beworben. Diese gibt man nicht einfach an die Wähler zurück", sagte der Bundespräsident.

Am Tag, nachdem der politische Klimawandel bei den Freien Demokraten das Projekt "Jamaika" versenkt hatte, hielten sich die Akteure der Gesundheitspolitik zunächst weitgehend bedeckt. Zu unerwartet war der Schritt der FDP-Verhandler gekommen, trotz vieler Zugeständnisse die Sondierungsgespräche mit CDU, CSU und Grünen zu verlassen.

Die Vertretung der Kassenärzte mahnte am Montag gleichwohl Tempo an. Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Dr. Andreas Gassen appellierte an die politischen Akteure, "den momentanen Schwebezustand möglichst rasch zu beenden".

"Wir haben ein Gesundheitssystem, um das wir international beneidet werden", sagte Gassen. Doch auch in der Gesundheitspolitik gebe es Herausforderungen und Aufgaben, die so schnell wie möglich angegangen und gelöst werden müssten. Gassen nannte hier die Verzahnung von Bereitschafts- und Notfalldienst, die Sicherung der Patientenversorgung sowie die stärkere Zusammenarbeit von ambulanten und stationären Strukturen. "Wir stehen bereit, die Herausforderungen zu lösen, und haben im Konzept KBV 2020 dazu Optionen und Vorschläge gezeigt", so Gassen. Dies könne am besten mit einer stabilen und verlässlichen Politik gelingen.

Über eine bessere Personalausstattung von Krankenhäusern und Altenheimen waren sich die Jamaika-Sondierer eigentlich einig gewesen. Jetzt ist auch dieses Projekt wieder in der Schwebe. "Es ist bedauerlich, dass die FDP sich der Verantwortung letztlich entzogen hat", sagte die Fachpolitikerin der Grünen, Maria Klein-Schmeink, am Montag der "Ärzte Zeitung". In Fragen der Gesundheitspolitik habe man eine Arbeitsgrundlage gefunden gehabt, um die brennenden Themen anzugehen. Klein-Schmeink berichtete, dass der Ausbau der Arbeitgeberbeteiligung an den Kassenbeiträgen und die Einführung einer Wahlfreiheit für Beamte beim Abbruch der Gespräche noch Verhandlungsgegenstand gewesen seien.

"Die Auswirkungen, die der Abbruch der Sondierungsgespräche auf die Pflegepolitik hat, sind jetzt noch nicht absehbar", sagte Unions-Pflegepolitiker Erwin Rüddel der "Ärzte Zeitung". Nach dem zurückliegenden Wahlkampf sei er aber zuversichtlich, dass auch in einer neuen Konstellation Anstrengungen für eine gute Pflege unternommen würden.

An dieser Stelle hat sich die Fraktion der Linken im Bundestag eingeschaltet. Der Bundestag solle die Regierung auffordern, eine verbindliche Personalbemessung in Kliniken einzuführen und die "absehbar fruchtlosen" Verhandlungen zwischen Deutscher Krankenhausgesellschaft und GKV-Spitzenverband über Personaluntergrenzen zu beenden, heißt es in einem Antrag. Der Antrag wird heute im Bundestag behandelt.

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