Flüchtlinge im Saarland

Jetzt gibt es eine Praxis in der Erstaufnahmestelle

Ein völlig neues Konzept zur Versorgung von Flüchtlingen präsentiert die KV Saarland: Sie richtet offiziell eine Praxis in der Landesaufnahmestelle ein. Am Dienstag wurde die Vereinbarung unterzeichnet.

Von Michael Kuderna Veröffentlicht:

SAARBRÜCKEN/LEBACH. In der saarländischen Landesaufnahmestelle ist am Dienstag ein neues Modell zur medizinischen Versorgung der Flüchtlinge gestartet: Die Kassenärztliche Vereinigung Saarland richtete dort mit offiziellem Auftrag von Innen- und Gesundheitsministerium eine Praxis für Grund- und Notfallversorgung ein.

Die KV-Spitze übernimmt rechtlich die Leitung, die Arbeit vor Ort wird von ehrenamtlichen, freiberuflich tätigen Ärzten übernommen.

In der nordsaarländischen Stadt mit ihren etwa 20.000 Einwohnern praktizieren derzeit 32 niedergelassene Ärzte, darunter sieben Allgemeinmediziner. Außerdem gibt es in Lebach ein Caritas-Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung.

Seit dem enormen Anstieg der Flüchtlingszahlen ab Juli war die medizinische Versorgung allerdings nur noch durch das Engagement von Freiwilligen sicherzustellen.

Besonders einige syrischstämmige Ärzte im Ruhestand erwarben sich dabei große Verdienste. Ihr Einsatz war in Lebach auch deshalb wichtig, weil Syrer mit 70 Prozent den größten Anteil der im Saarland ankommenden Flüchtlinge ausmachen.

Allein am letzten Wochenende wurden 580 Flüchtlinge neu aufgenommen. Damit erhöhte sich die Gesamtzahl der Bewohner auf über 3700, fast dreimal so viel wie die eigentliche Kapazitätsgrenze vorsah. Nur durch engere Belegung und zusätzliche Hallenbauten finden so viele Menschen Platz.

Die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung ist im Saarland ungebrochen hoch. Das gilt auch für den medizinischen Bereich. Nachdem zunächst das Deutsche Rote Kreuz einen Sanitätsdienst bereit gestellt hatte, wurde er rasch durch Ehrenamtler ergänzt.

Schließlich baten Innen- und Gesundheitsministerium die KV, in Zusammenarbeit mit der Ärzte- und der Apothekerkammer ein Konzept für eine längerfristige, regelhafte Versorgung zu erstellen.

Rechtssichere Struktur geschaffen

Mit der am Dienstag unterzeichneten Vereinbarung besteht nun eine rechtssichere Struktur. Der stellvertretende KV-Chef Dr. Joachim Meiser übernimmt die ärztliche Leitung der Praxis, der KV-Vorsitzende Dr. Gunter Hauptmann fungiert als sein Stellvertreter. Die bereits tätigen ehrenamtlichen Ärzte werden, soweit sie dazu bereit sind, in dem etwa 20-köpfigen Team weiterarbeiten.

Jeden Tag werden sechs allgemeinmedizinische Sprechstunden abgehalten und durch regelmäßige gynäkologische und kinderärztliche Praxiszeiten ergänzt. Die Räume stellt das Innenministerium kostenfrei zur Verfügung.

Sie wurden bis hin zu Apparaten und EDV weitgehend durch Spenden ausgestattet. Die Ärzte erhalten von der KV Kooperationsverträge, die den organisatorischen Rahmen, den freiberuflichen Status und die Haftpflichtversicherung regeln.

Berufserlaubnis für syrische Ärzte?

Fragezeichen gibt es noch bei der bisher anscheinend tolerierten Mitarbeit von syrischen Ärzten unter den Flüchtlingen. Hier sollen nun jeweils erst der genaue Status und Versicherungsfragen geklärt werden.

Laut Meiser könnte im Einzelfall auch eine vorläufige, auf die Aufnahmestelle begrenzte Berufserlaubnis infrage kommen.

Über die Aufwandsentschädigung - sei es angelehnt an den EBM oder durch fixe Honorare - ist nach Meisers Worten noch nicht entschieden. Auch die Feinabsprachen mit den Apothekern seien noch im Gange.

Die Praxis soll als Rezeptannahmestelle fungieren und die Belieferung durch die ortsansässigen Apotheken erfolgen. Für Akuterkrankungen wird die Praxis einen kleinen Vorrat an Medikamenten vorhalten.

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