Rheuma-Versorgung

Online-Portal gegen Sektorengrenzen

Wenn Rheuma-Patienten in der Region Aachen aus der Klinik in die ambulante Versorgung und umgekehrt wechseln, gibt es keine Informationsverluste.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

Wenn in der Region Aachen, Heinsberg, Düren und Mönchengladbach Rheuma-Patienten ins Krankenhaus müssen, können die Klinikärzte auf die Behandlungsdaten der niedergelassenen Rheumatologen zurückgreifen. Nach der stationären Versorgung erfolgt der Austausch in die umgekehrte Richtung. Möglich macht das das Online-Portal RhePort. "Es gibt keine Informationsverluste, wenn der Patient den Sektor wechselt", sagt Koordinator Dr. Wolfgang Vorbrüggen.

Häufig wirkt es sich medizinisch negativ aus, wenn es zu Verzögerungen kommt, weil Ärzte in Klinik und Praxis nicht auf demselben Stand sind, weiß der Radiologe. Bei RhePort kann das nicht passieren, denn hier arbeiten die Ärzte mit einer gemeinsamen elektronischen Fallakte.

Sechs Monate Wartezeit

Am Portal beteiligen sich alle niedergelassenen Rheumatologen der Region sowie ein Krankenhaus und eine Rehabilitationsklinik. Ein wichtiges Ziel ist es, Patienten mit einer rheumatischen Erkrankung früher in die spezialisierte Versorgung zu bringen. "Im Durchschnitt müssen die Patienten sechs Monate warten", berichtet Vorbrüggen, der viele Jahre Leiter einer radiologisch/nuklearmedizinischen Abteilung einer Rheumaklinik war und jetzt im Ruhestand ist.

In dem Online-Portal können Patienten mit Verdacht auf eine rheumatische Erkrankung einen umfangreichen Fragebogen ausfüllen. Haben sie keinen Internetzugang, füllen die Medizinischen Fachangestellten in den Arztpraxen einen verkürzten Bogen aus. Über einen Algorithmus wird die Behandlungsdringlichkeit ermittelt.

Kommt das System zu dem Ergebnis, dass der Patient kein entzündliches Rheuma hat, wird er an einen anderen Facharzt verwiesen, erläutert Vorbrüggen. Ist ein entzündliches Rheuma nicht auszuschließen oder sehr wahrscheinlich, sieht er innerhalb von einem Monat einen Rheumatologen. "Ist das Rheuma hoch entzündlich, gibt es einen Termin innerhalb von fünf Tagen."

Seit dem Start im Februar 2015 haben sich 2400 Anwender registriert, meistens Betroffene. Insgesamt sind 1920 Termine für Neu-Untersuchungen vermittelt worden. "Dabei sind rund 600 rheumatologische Erkrankungen neu entdeckt worden", sagt er.

Immer mehr Hausärzte machen mit

Weil Patienten wegen des hohen Leidendrucks die Fragebögen mehrmals ausgefüllt haben, um den ersehnten Termin zu erhalten, müssen sie sich jetzt registrieren und können die geforderten Angaben nur einmal machen. Zudem haben die Initiatoren den Algorithmus verändert, um die Patienten noch besser zu filtern.

Das System nutzen inzwischen die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein für ihre Terminservicestelle und viele Krankenkassen. Was Vorbrüggen besonders freut: Immer mehr Hausärzte und andere Primärversorger sind mit von der Partie.

Ein Nachteil von RhePort ist, dass die Ärzte doppelt dokumentieren müssen: für ihr Praxisverwaltungs- (PVS) oder Krankenhausinformationssystem (KIS) sowie für das Portal. Deshalb sind die Initiatoren jetzt dabei, das Dokumentationssystem so zu strukturieren, dass die Ärzte die Angaben nur einmal bei RhePort eingeben müssen, dann werden sie ins PVS oder KIS exportiert. "Wenn die Doppeldokumentation wegfällt, ist das ein großer Anreiz", weiß Vorbrüggen.

Für RhePort wird auch ein Therapiesteuerungssystem unter Mitwirkung der Patienten entwickelt, berichtet er. Patienten sollen regelmäßig am PC oder in der App bestimmte Daten dokumentieren wie Gelenkschmerzen oder die Beweglichkeit der Gelenke. Die Angaben fließen mit den Daten der Ärzte zusammen. Daraus soll sich eine Empfehlung für den Patienten ergeben, zum Beispiel: Es droht ein Rheumaschub, bitte den Arzt aufsuchen.

Gleichzeitig wird der Arzt informiert, dass der Patient einen Schub bekommen könnte. "Mitte 2018 soll der Prototyp stehen, dann werden wir ihn anderthalb Jahre lang testen", sagt Vorbrüggen. Das Projekt wird vom Land Nordrhein-Westfalen und mit Mitteln der Europäischen Union gefördert.

RhePort soll langfristig nicht auf die nordrheinische Ursprungsregion beschränkt bleiben. Zurzeit laufen Gespräche mit Rheumatologen in München, Baden-Württemberg und Niedersachsen, die Interesse an einer Übernahme des Konzepts haben, berichtet Vorbrüggen. "Unser Ziel ist eine möglichst breite Anwendung in regionalen Netzwerken."

Weitere Informationen unter

www.rheport.de

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