Gelenkersatz

Welche Klinik kann´s?

Wegen ihres lädierten Knies oder der kaputten Hüfte denken viele Patienten über ein Implantat nach. Doch welche Kliniken erzielen gute Ergebnisse beim Gelenkersatz? Und wie steht es um die Standzeiten der Implantate? Sowohl Routinedaten wie auch das stetig wachsende Endoprothesenregister liefern wichtige Hinweise.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Welche Klinik kann´s?

© Springer Medizin Verlag GmbH

BERLIN. Stechende Schmerzen, der Spaziergang eine Tortur, die Lebensqualität eingeschränkt: Menschen mit lädiertem Knie oder kaputter Hüfte kennen das. Viele entscheiden sich für ein künstliches Gelenk – in der Hoffnung, der Leidensweg finde dann ein Ende. So wurden laut aktuellem Qualitätsreport des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG) in deutschen Kliniken allein im vergangenen Jahr 229.603 Hüft- und 165.534 Knieendoprothesen eingesetzt.

Portal unterstützt Ärzte und Patienten

Für die Betroffenen stellt sich derweil die Frage: Welche Klinik gehört zu den Besten, wenn es um Gelenkersatz geht? Eine Frage, mit der sich viele auch an ihren Hausarzt wenden. Hinweise, welche Kliniken bei Gelenkersatz gute Ergebnisse vorweisen, liefert der Krankenhausnavigator von AOK und Weisser Liste, einem Projekt der Bertelsmann Stiftung.

Über das Portal können Patienten und einweisende Ärzte die Ergebnisse einzelner Kliniken bei mittlerweile acht ausgewählten Behandlungen vergleichen, die häufig vorkommen und vergleichsweise komplikationsträchtig sind – darunter der Einsatz eines künstlichen Knie- oder Hüftgelenkes bei Arthrose sowie der Hüftgelenkersatz nach Oberschenkelbruch.

Basis der Angaben im Krankenhausnavigator ist das Verfahren zur "Qualitätssicherung mit Routinedaten" (QSR). "Es ermöglicht durch Auswertung von Abrechnungsdaten der Kliniken und niedergelassenen Ärzte eine Messung der Behandlungsqualität über den eigentlichen Krankenhausaufenthalt hinaus. Das heißt: Es werden auch Komplikationen und Folgeereignisse wie Revisions-Op berücksichtigt, die innerhalb eines Jahres nach der Entlassung des Patienten auftreten", erläutert Dr. Elke Jeschke, Projektleiterin QSR beim Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO). Diese langfristige Perspektive auf Behandlungsqualität sei in Deutschland "bislang einzigartig".

Um den Krankenhausnavigator zu einem Datenschatz für Patienten und einweisende Ärzte zu machen, wird das Portal auch fortlaufend aktualisiert. Erst kürzlich hat das WIdO zur Berechnung der Ergebnisse die Behandlungen von mehr als 780.000 AOK-Versicherten aus den Jahren 2013 bis 2015 ausgewertet und in den Navi eingespeist.

Routine zahlt sich aus

Dass sich die Behandlungsqualität bei Knie- und Hüftgelenksoperationen messen und abbilden lässt, steht für Christian Günster, Krankenhausexperte beim WIdO, außer Frage. "Für die Qualität ist es entscheidend, wie oft es bei oder nach einer Behandlung zu Komplikationen oder unerwünschten Folgeeingriffen kommt." Dabei gelte: Je seltener diese Ereignisse auftreten, desto besser die Behandlungsqualität.

Bei der Betrachtung der Behandlungsergebnisse für die Kliniken, die elektive Gelenkersatzoperationen durchführen, falle eines besonders auf, so Günster weiter: "Je häufiger Gelenkoperationen vorgenommen werden, desto seltener kommt es zu Komplikationen."

Ein Befund, den Professor Dr. Andreas Halder bestätigt (siehe Interview). "Mit schwierigen Operationen", sagt der Chefarzt für Operative Orthopädie der Sana-Kliniken im brandenburgischen Sommerfeld, "ist es wie beim Klavierspielen: Schon nach kurzer Pause ist man nicht mehr so geübt, nach langem Aussetzen sogar unsicher."

Daher sei es wichtig, dass nicht nur der Operateur, sondern auch sein Team durch das regelmäßige Ausführen eines schwierigen Eingriffs im Training bleibt, um die bestmögliche Versorgung des Patienten zu gewährleisten. Dafür sei eine gewisse Mindestanzahl dieser Eingriffe pro Jahr notwendig. Die liegt in Deutschland für Kniegelenkendoprothesen derzeit bei 50 Operationen pro Jahr und Klinik. Eine entsprechende Vorgabe für Hüftgelenke gibt es bislang nicht.

Register als Frühwarnsystem

Strengere Vorgaben wünschen sich AOK und viele Mediziner auch für die Implantate selber. Sie verweisen darauf, dass künstliche Gelenke zu oft wieder ausgetauscht werden müssten. So berichtet etwa das IQTiG in seinem aktuellen Jahresbericht von mehr als 18.200 Wechseloperationen bei Knie- und knapp 26.000 Wechseloperationen bei Hüftimplantaten.

Abhilfe verspricht das freiwillige Endoprothesenregister (EPRD), das 2011 von Orthopäden und Chirurgen gemeinsam mit dem AOK-Bundesverband, den Ersatzkassen sowie dem Herstellerverband BVMed aufgebaut wurde. Ziel ist es, die von den Kliniken an das Register übermittelten Daten zu dokumentieren und auszuwerten, um langfristig die Qualität künstlicher Hüft- und Kniegelenke beurteilen zu können. Auf diese Weise soll sich die Datensammlung des EPRD zu einer Art Frühwarnsystem für Fehler an den Implantaten wie auch bei der Op entwickeln, hoffen die Initiatoren.

Politik ist gefragt

Das EPRD habe in den vergangenen Jahren "eine enorme Dynamik erfahren", betont etwa Professor Dr. Volkmar Jansson, Wissenschaftlicher Direktor des EPRD. Allein 2016 sind dort 245.000 Operationen dokumentiert worden. Damit sind 56 Prozent aller in Deutschland vorgenommenen endoprothetischen Eingriffe in das EPRD eingegangen.

Freilich: Das selbst gesteckte Ziel einer langfristigen Beurteilung der Versorgungsqualität kann das Register aufgrund seiner relativ kurzen Nachverfolgungsspanne noch nicht erfüllen. So beziehen sich sämtliche Aussagen zu Standzeiten derzeit auf die Frühphase des "Implantatlebens" – also insbesondere auf die ersten zwei Jahre nach Gelenkeinsatz. Um dem Register mehr Durchschlagskraft in Sachen Patientenschutz zu geben, setzt EPRD-Direktor Jansson auf die Politik und deren Bestreben, die Freiwilligkeit des EPRD durch ein verpflichtendes Register zu ersetzen.

Hilfe im Web

- Krankenhausnavigator: Nutzer bekommen derzeit Fallzahlen und QSR-Ergebnisse zu acht ausgewählten Behandlungen angezeigt: www.aok.de/ krankenhausnavigator

- Routinedaten: Die Ergebnisse des Verfahrens zur "Qualitätssicherung mit Routinedaten" (QSR) stehen bereit unter: www.qualitaetssicherung-mit-routinedaten.de

- Endoprothesenregisters (EPRD): Hier werden wichtige Daten über den Gelenkersatz erfasst: www.eprd.de

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