Antibiotika-Verordnung

Patientengespräch: Testlauf für neue Formate

Mit dem Projekt ARena soll in der Bevölkerung das Wissen über Antibiotika verbessert werden. Die Projektleiterin Dr. Petra Kaufmann-Kolle vom Göttinger aQua-Institut erläutert das Vorgehen und die Zielgruppen der Studie.

Veröffentlicht:

Ärzte Zeitung: Wie ist es um das Wissen in der Allgemeinbevölkerung über den richtigen Umgang mit Antibiotika bestellt?

Dr. Petra Kaufmann-Kolle: Der Informationsstand in der Bevölkerung ist erstaunlich schlecht. Schließlich belegen die Verordnungsdaten, dass auch bei Erkrankungen mit viraler Genese oder hoher Spontanheilungsrate oftmals Antibiotika verordnet werden. Bei Virusinfektionen helfen keine Antibiotika. Darüber hinaus werden zunehmend bei vielen bakteriellen Infektionen unnötigerweise Breitspektrum- anstelle von Schmalspektrum-Antibiotika eingenommen, was sich auch ungünstig auf die Resistenzsituation auswirkt.

Ärzte müssten das doch wissen. Warum stellen Sie dennoch ein Rezept aus?

Das hat wohl mit den gegenseitigen Zuschreibungen zu tun. Häufig denken Ärzte und Ärztinnen beispielsweise, dass die Patienten ein Rezept wollen, obwohl empathisches Zuhören und eine eingehende Beratung hier wichtiger und zielführender wären, aber auch zeitintensiver sind. Einige Patienten wiederum fühlen sich nicht ausreichend geschätzt, wenn sie keine Verordnung erhalten und stattdessen nur die Empfehlung ausgesprochen wird, zum Beispiel ausreichend zu trinken oder sich zu schonen.

Wo setzen Sie mit dem Projekt ARena an?

Wir arbeiten in unserer Studie auf mehreren Ebenen und richten uns dabei an unterschiedliche Zielgruppen – an Ärzte und Ärztinnen, Praxisteams, Patienten und Öffentlichkeit. Für die beteiligten Praxen werten wir als Grundlage für die flankierenden Qualitätszirkel mit Ärzten, MFA und zum Teil weiteren Akteuren des Gesundheitswesens die Diagnosen und Verschreibungen aus, halten Hintergrundinformationen bereit und diskutieren die Resistenzsituation. Ärzte und Medizinische Fachangestellte werden darin online geschult, wie sie die Gespräche mit den Patienten führen können. Auch haben wir verschiedene Materialien zur Informationen von Patienten und Öffentlichkeit zusammengestellt.

Es ist eine klassische Aufklärungskampagne?

Wir werden auch neue Formate und Medien testen. Beispielsweise ,Infozepte‘, eine Mischform zwischen Rezept und Flyer, die wir für häufige Infektionserkrankungen entwickelt und auch auf Türkisch, Arabisch, Russisch und Englisch übersetzt haben. Darüber hinaus sollen in einigen Praxen Tablet-PCs im Wartezimmer eingesetzt werden. Damit wollen wir die spielerische Seite beim Lernen ansprechen und setzen darauf, dass sich die komplexen Inhalte dadurch besser vermitteln lassen. Mithilfe der Tablet-PCs können die geschulten Medizinischen Fachangestellte die Patienten noch vor dem Arztkontakt über den richtigen Umgang mit Antibiotika aufklären.

Information ist die bessere Medizin?

Zumindest im Umgang mit den Antibiotika wollen wir alle Beteiligten zum Nachdenken anregen. Wir werden die Informationen daher auch in diversen sozialen Medien veröffentlichen. In einigen Praxen, die an ARena teilnehmen, wird zudem ein Software-Tool zum Einsatz kommen. Sobald der Arzt per Computer bei bestimmten Diagnosen ein Antibiotika-Rezept ausstellt, wird ein Pop-Up-Fenster aufspringen und nochmals nachfragen, ob die Verordnung tatsächlich gewünscht ist.

Worauf zielt die Studie ab? Was passiert mit den Ergebnissen?

Wir wollen herausfinden, welche Form der Aufklärung am besten wirkt. Wie bei jedem Projekt aus dem Innovationsfonds ist es auch unser Ziel, dass die Instrumente, die in der Studie gut abschneiden, in die Regelversorgung übernommen werden.(wer)

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