Workshops für Ärzte

Wunden besser modern versorgen

Das Interesse an der strukturierten Wundbehandlung ist groß. Fortbildungsveranstaltungen wie die von Jan Forster vermitteln praktisches Wissen: von der Ursachenabklärung über die Anwendung von Verbandsmaterialien bis hin zum Einsatz der spezifischen Wundtherapie.

Von Jörn Hons Veröffentlicht:
Wunden besser modern versorgen

© Jörn Hons

Ärzte Zeitung: Herr Forster, Sie haben die ersten Seminare über das Thema Wundversorgung bei der AOK Bremen/Bremerhaven gehalten. Wo liegen aus Ihrer Sicht die aktuellen Probleme bei der Wundversorgung in den Arztpraxen?

Jan Forster: Ein großes Thema ist die richtige Auswahl von Verbandsmate- rialien, die zu Wunde und Wundsituation passen, und der damit verbundene wirtschaftliche Einsatz. So können die meisten modernen Verbandsstoffe für mehrere Tage auf den Wunden bleiben. Dieser Spielraum wird oft nicht genügend ausgeschöpft.

Das heißt, die Patienten kommen zu früh zum Verbandswechsel in die Praxis?

Ja, die Patienten kommen zu früh, oder die Verbände werden zu Hause durch die Pflegedienste zu schnell und zu häufig gewechselt. Moderne Wundauflagen, die seltener gewechselt werden müssen, sind zwar teurer als normale Mullkompressen, aber die Versorgung ist insgesamt deutlich wirtschaftlicher und besser für die Patienten.

Wie können Praxisteam und Ärzte diese Probleme lösen?

Wichtig ist es, sich zunächst einen Überblick zu verschaffen, welche Verbandsstoffe am Markt erhältlich sind. Dann heißt es, aus dem Angebot die geeigneten Materialien für den je- weiligen Wundtyp auszuwählen. In den Seminaren zeige ich Beispiele, wie das am besten gelingt.

Wo gibt es Nachholbedarf in den Praxen?

Bei der Ursachenforschung: Warum hat der Patient eine Wunde? Oft ist es so, dass Patienten lange Zeit "blind" behandelt werden. Dass heißt, man behandelt nur die Symptome, aber nicht die eigentliche Wundursache. Damit verlängert sich nicht nur die Leidenszeit, auch der Materialeinsatz steigt.

Können Sie dafür typische Beispiele nennen?

Spontan fällt mir ein Mann mit einer Fußwunde ein, die ein Jahr behandelt wurde. Während dieser Zeit kam niemand auf die Idee, den Fuß zu röntgen, um eine Osteolyse des Fußknochens abzuklären. Der Patient wurde einfach verbunden. Gerade gestern hatte ich einen Patienten mit einer fünf mal fünf Zentimeter großen Wunde am Vorfuß. Diese wird bereits seit sechs Monaten mit immer anderen Verbandsstoffen versorgt, die zudem falsch angewendet werden. Die unverzüglich eingeleitete Abklärung durch den Angiologen ergab dann schließlich: Gefäßverschluss.

Was muss sich verändern?

Es ist keine Hexerei, oft sind es banale Dinge: Man muss sich auf bestimmte Therapien fokussieren. Aber diese Konzentration findet häufig nicht statt.

Dadurch verliert man sich leicht im Wust der Behandlungsmöglichkeiten. Dem vorzubeugen, ist das Ziel des Seminars. Die Teilnehmer lernen dabei, spezifische Wundtherapien einzusetzen.

Hersteller von Wundmaterialien spielen bei der Versorgung eine große Rolle. Wie kann man gezielter mit den Angeboten der Vertreter umgehen?

Es gibt tatsächlich unglaublich viele Innovationen am Wundmarkt, da hilft nur fachkundiger Rat. Man muss filtern, was geeignet ist. Die heutigen Verbandsstoffe sind enorm verbessert, was die Aufnahme von Exsudat angeht, sie verändern das Wundmilieu positiv oder wirken antibakteriell. Aber was nützt mir die Innovation, wenn ich sie falsch einsetze oder wenn ich nicht die eigentliche Wundursache behandle?

Was hören Sie häufig von den Seminarteilnehmern?

"Das habe ich ja gar nicht gewusst". Was auch immer wieder diskutiert wird, sind alte Antiseptika wie Wasserstoff oder Jod. In manchen Arztpraxen hält sich tatsächlich noch Wissen aus den 1960er- oder 1970er-Jahren, das einfach weitergegeben wurde. Tradierte Methoden, die zwar nicht lebensgefährlich sind, für die es aber oft längst viel wirksamere Alternativen gibt.

Ist der Wissensstand in den Praxen sehr unterschiedlich?

Ja. Es gibt viele Praxen, die kennen sich wirklich gut aus. Einige Praxen beschäftigen Wundexperten, die wir bei uns im Wundzentrum ausgebildet haben. Es gibt allerdings auch Praxen, die sich mit diesem Thema überhaupt noch nicht beschäftigt haben. Doch alle sind interessiert und finden das Thema wichtig, weil sie immer wieder mit dem Thema "Offenes Bein" oder mit nicht heilenden Wunden konfrontiert sind.

Die AOK-ArztAkademie

 Die AOK-Arzt-Akademie der AOK Bremen/Bremerhaven informiert Ärzte und Praxispersonal über neue Entwicklungen und bietet eine Reihe von Weiterbildungsmöglichkeiten – zum Beispiel zur Behandlung von chronischen Wunden.

 Weitere Themen sind zum Beispiel: Kommunikation und Führung in der Arztpraxis, Zulassungsverfahren für Arzneimittel und die Bedeutung für Arztpraxen beziehungsweise individuelle Arzneimitteltherapieberatung, gesetzliche Grundlagen und Verordnungsfähigkeit von Heilmitteln und Fahrkosten oder Kundenorientierte Patienten-Kommunikation und Umgang mit schwierigen Patienten.

Telefonischer Kontakt zur AOK-Arzt-Akademie:

(04 21) 1 76 1 3 40

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