Pflegepersonal-Stärkungs-Gesetz

13.000 Pflegestellen in der Langzeitpflege per Gesetz

Anfang August hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Pflegepersonal-Stärkungs-Gesetzes (PpSG) beschlossen. "Das Hauptziel einer verbesserten Personalausstattung in der stationären Pflege kann jeder unterschreiben", betont Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes.

Von Susanne Werner Veröffentlicht:
Pflegekräfte gesucht: Stellen werden per Gesetz geschaffen, jetzt müssen sie besetzt werden.

Pflegekräfte gesucht: Stellen werden per Gesetz geschaffen, jetzt müssen sie besetzt werden.

© Alexander Raths / stock.adobe

BERLIN. Mit dem "Sofortprogramm Pflege" setzt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Personalnot in der Pflege ganz oben auf die gesundheitspolitische Agenda. Mit dem PpSG sollen jetzt 13.000 neue Stellen in Pflegeheimen geschaffen werden. Darüber hinaus soll die Arbeitssituation von Pflegekräften verbessert werden, um damit insbesondere der Arbeitsverdichtung entgegenwirken zu können.

Der AOK-Bundesverband begrüßt das Vorhaben, warnt jedoch auch davor, einfache und schnelle Lösungen zu erwarten. "Uns steht ein Marathon bevor. Schon heute sind Tausende Pflegestellen offen. Neue Pflegerinnen und Pfleger kann man sich nicht einfach schnitzen. Die Wiederbesetzung einer Stelle dauert im Schnitt rund 170 Tage. Es wird also keine einfachen und schnellen Lösungen geben", erklärt AOK-Verbandschef Martin Litsch. "Darauf und auf die programmierten Beitragserhöhungen muss die Politik die Menschen vorbereiten." Die parlamentarischen Beratungen zum Gesetzesvorhaben stehen unmittelbar nach den Sommerferien an. Am 1. Januar 2019 soll das Gesetz in Kraft treten – sofern der Bundesrat zugestimmt hat.

Laut Gesetzentwurf müssen die stationären Einrichtungen künftig gegenüber den Kranken- und Pflegekassen nachweisen, dass die Finanzmittel in die Pflege fließen und nicht für Quersubventionen genutzt werden. "Die Politik muss sicherstellen, dass alle zusätzlich bereitgestellten Finanzmittel tatsächlich in der Pflege ankommen", fordert auch Litsch. Hier dringt der AOK-Bundesverband darauf, statt der bisherigen Wirtschaftsprüfertestate beispielsweise "anonymisierte Lohnjournale" einzusetzen, aus denen insbesondere Gehaltseinstufungen hervorgehen.

Das PpSG sieht vor, die zusätzlichen Stellen je nach Größe der Einrichtung zu verteilen. Alten- und Pflegeeinrichtungen mit bis zu 40 Bewohnern würden dann eine halbe Pflegestelle zusätzlich erhalten, Heime mit bis zu 80 Bewohnern eine ganze, mit bis zu 120 Bewohnern eineinhalb Stellen und mit mehr als 120 Bewohnern zwei Pflegestellen. "Das vorgesehene Verteilungsverfahren ist zu verwaltungsaufwendig", heißt es dazu beim AOK-Bundesverband. Die AOK-Experten empfehlen stattdessen, auf bereits bestehende und funktionierende Strukturen zurückzugreifen – beispielsweise auf jenes Verfahren, das sich bereits bei der Verteilung der zusätzlichen Betreuungskräfte in stationären Pflegeeinrichtungen bewährt habe.

Um die neuen Pflegefachkräfte zu finanzieren, so sieht es der Gesetzentwurf vor, soll die GKV künftig jährlich 640 Millionen Euro an den Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung zahlen. Damit werden die Kosten ausschließlich von den Krankenkassen übernommen. Eine höhere Eigenbeteiligung der Pflegebedürftigen wird damit vermieden.

Neben den zusätzlichen Stellen setzt das PpSG auch darauf, die Pflegekräfte durch eine intensivere Nutzung der Digitalisierung zu entlasten. Jede Einrichtung erhält dazu aus dem Topf der Pflegeversicherung eine Einmal-Zahlung von 12.000 Euro. Die Finanzierung technischer und digitaler Ausstattung gehört aus Sicht des AOK-Bundesverbands nicht zu den Aufgaben von GKV und SPV, das ist Länderaufgabe. Noch mehr gelte das für die im Gesetzentwurf vorgesehene Schaffung besonderer Betreuungsangebote von Kitas. Auch das sei keine Aufgabe, für die die Beitragszahler geradezustehen hätten. Dies sollte Aufgabe der öffentlichen Hand bleiben.

Dass laut Gesetzentwurf auch die Kooperationen zwischen Hausärzten und Pflegeheimen über Verträge verbindlicher gestaltet werden sollen, begrüßt Dr. Antje Schwinger, Leiterin des Forschungsbereiches Pflege im Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO). Der Pflege-Report 2018 des WIdO hatte jüngst aufgezeigt, dass oftmals zu viele Hausärzte in einem Pflegeheim tätig sind.

"Wir kamen auf einen Durchschnittswert von rund 60 unterschiedlichen Hausärzte je 100 Bewohner. Das sind sehr viele unterschiedliche Personen, die die Pflegekräfte koordinieren müssen und das dürfte mit einem hohen kommunikativen Aufwand verbunden sein", sagt Schwinger. Aus ihrer Sicht braucht es einen "berufsgruppenübergreifenden Qualitätsdialog", um bestehende Defizite aufzudecken, Erfolge von Interventionen zu messen und darüber die Qualität langfristig zu sichern.

Das WIdO arbeitet deshalb an einem pflege- und gesundheitsbezogenen Indikatorenset für die vollstationäre Pflege auf Basis von Routinedaten. Die Abrechnungsdaten sollten künftig genutzt werden, so die Pflege-Expertin, um die Qualität in der Versorgung einerseits transparent zu machen und aber auch langfristig zu verbessern.

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