Nichtalkoholische Leber

"Industrie zum Umdenken bewegen"

Ein Fünftel der Kinder hat heute eine nichtalkoholische Fettleber, sagt der US-amerikanische Arzt Robert H. Lustig. Im Interview erläutert er, welche Rolle industriell gefertigte Lebensmittel dabei spielen und was gegen ein Zuviel an Zucker hilft.

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Ärzte Zeitung: Herr Professor Lustig, die Rate fettleibiger Menschen steigt weltweit – besonders bei Kindern. Was steckt dahinter?

Robert H. Lustig: Eine wichtige Rolle spielen industriell gefertigte Lebensmittel. Entscheidend ist die Frage, warum die Fälle von Typ-2-Diabetes und Fettleber schneller steigen als die Zahl der Fettleibigen. Außerdem gab es 1980 noch keinen Ty-2-Diabetes bei Kindern. Heute ist eine von drei Diabetesdiagnosen bei Kindern Diabetes Typ 2. Wenn jemand vor 1980 eine Fettleber hatte, lag das am Alkoholmissbrauch. Heute haben 40 Prozent der Erwachsenen und 20 Prozent der Kinder eine nichtalkoholische Fettleber.

Sie bezeichnen Zucker als "Volksfeind Nummer eins". Warum?

Lustig: Ursprünglich waren Transfette Volksfeind Nummer eins. Aber die US-Lebensmittelbehörde FDA hat Zucker an die oberste Stelle gesetzt. Haushaltszucker besteht aus etwa gleichen Anteilen aus Glukose und Fruktose. Obwohl beide Zuckerarten gleich viele Kalorien haben, unterscheiden sie sich völlig.

Inwiefern?

Lustig: Glukose ist so wichtig, dass unsere Leber sie produziert, wenn wir sie nicht zu uns nehmen. Fruktose ist zwar eine Energiequelle, hat aber sonst keine Funktion. Ist mehr Fruktose vorhanden, als die Leber verarbeiten kann, wird der Rest in Leberfett umgewandelt. Das führt zu einer Insulinresistenz und der Entstehung chronischer Erkrankungen wie Diabetes Typ 2. Glukose und Fruktose sind für Vorgänge verantwortlich, die die Zellen schädigen – bei Fruktose gilt das jedoch siebenmal schneller als bei Glukose.

Marketingverbot, Verzicht, Steuern: Welches Rezept im Kampf gegen zu viel Zucker wirkt am besten?

Lustig: Wenn wir natürliche Lebensmittel billiger und industriell gefertigte teurer machen, würde sich die Industrie ganz schnell ändern. Der Staat kann alle an einen Tisch bringen. 2006 brachte die britische Regierung alle Interessenvertreter zusammen, um den Salzgehalt in industriell gefertigten Lebensmitteln langsam zu verringern. Fünf Jahre später waren Bluthochdruck und Schlaganfälle um 40 Prozent zurückgegangen. (eb)

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