Von Aut idem bis Zuzahlung

Die Debatte über Rabattverträge wird mit Begriffen geführt, die eine eigene gesundheitspolitische Historie haben. Ein Rabatt-ABC hilft beim Verständnis.

Veröffentlicht:

Die Aut-idem-Regel (lateinisch: oder das Gleiche) ist am 1. Juli 2002 als Bestandteil des Arzneimittel-Ausgaben-Begrenzungsgesetzes (AABG) in Kraft getreten. Ursprünglich bestand nur dann für den Apotheker keine Austauschverpflichtung, wenn der Arzt selbst ein preisgünstiges Arzneimittel verordnet oder eine Ersetzung auf dem Rezeptblatt ausdrücklich ausschließt. Verschärft wurden die Austauschregeln mit dem Wettbewerbs-Stärkungs-Gesetz (WSG) im Jahr 2007. Seitdem sind Apotheker nach Paragraf 129 Absatz 1 SGB V verpflichtet, auch dann rabattierte Arzneimittel abzugeben, wenn der Arzt eine Substitution nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat. Das heißt: Kreuzt der Arzt nicht explizit Aut idem an, dann dürfen nur noch Packungen der Rabattpartner abgegeben werden.

Bonus-Malus-Regelung

Die Bonus-Malus-Regel basiert auf dem Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeits-Gesetz (AVWG), das zum 1. Mai 2006 in Kraft getreten ist. Er sieht ursprünglich Strafzahlungen für Ärzte vor, wenn für bestimmte Krankheiten festgelegte Therapiekosten überschritten werden. Die Regelung hat sich -  aus Sicht der Regierung - als stumpfes Schwert erwiesen. Schon für 2008 hatten KBV und Kassen vereinbart, die Malus-Regel nicht anzuwenden. Hintergrund ist, dass die offiziellen Preise vieler Generika nicht die tatsächlichen - niedrigeren - Kosten widerspiegeln. Damit entfällt aber die Grundlage, um arztindividuelle Regresse zu berechnen. Die Bonus-Malus-Regel ist eines der Beispiele dafür, wie sich Kostendämpfungsinstrumente gegenseitig überlagen - und außer Kraft setzen.

Cost- oder Risk-Sharing

Mit Cost- oder Risk-Sharing werden neuartige Vereinbarungen zwischen Kassen und Herstellern über die Konditionen und den Einsatz innovativer Arzneimittel. Bei einem Risk-Sharing-Vertrag gibt der Hersteller in einem Vertrag mit einer oder mehreren Kassen Qualitäts- oder Erfolgsgarantien ab. Tritt der erhoffte Erfolg nicht ein, übernimmt der Hersteller die Kosten. Bei einem Cost-Sharing vereinbaren Hersteller und Krankenkasse ein bestimmtes Budget oder eine Obergrenze für Ausgaben einer definierten Arzneimitteltherapie. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) hat sich in einer Stellungnahme sehr kritisch mit diesen Modellen auseinandergesetzt.

Festbeträge

Festbeträge für Arzneimittel gibt es bereits seit 1989. Festbeträge werden für Gruppen vergleichbarer Arzneimittel festgelegt. Nach Angaben des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts (DAPI) waren im vergangenen Jahr Festbetragsarzneimittel pro durchschnittlich verordneter Packung 70,94 Euro billiger als Arzneimittel ohne Festbetrag. Der durchschnittliche Packungspreis eines Festbetragsarzneimittels betrug im vergangenen Jahr 25,17 Euro, bei Präparaten ohne Festbetrag waren es 96,11 Euro.

Gebietslos

Die Aufteilung der AOK-Ausschreibung in fünf Gebietslose mit 4,1 bis 5,6 Millionen AOK-Versicherte hat zur Folge, dass es vom Wohnort abhängt, welches Präparat ein Versicherter genau erhält. Für die Abgabe in der Apotheke gilt das Heimatprinzip, und zwar auch dann, wenn sich ein Versicherter in einer anderen Gebietslosregion befindet. Theoretisch müssten Apotheken für alle fünf Gebietslose die entsprechenden Präparate der Rabattpartner bereithalten.

Zuzahlung

Patienten müssen für ein rezeptpflichtiges Arzneimittel keine Zuzahlung leisten, wenn die Kassen gemeinsam das Präparat von der Selbstbeteiligung befreit haben. Voraussetzung ist, dass sein Preis mindestens 30 Prozent unter dem jeweiligen Festbetrag liegt. Für die neuen Rabattverträge der AOK gelten jedoch keine einheitlichen Befreiungsregeln. So hat die AOK Bayern die Zuzahlung bei allen Rabatt-Arzneimitteln erlassen. In Baden-Württemberg sind nur Versicherte befreit, wenn sie am Hausarzt-Modell teilnehmen. In Niedersachsen gibt es keine generelle Befreiung; wenn aber eine Alternative zuzahlungsbefreit ist, dann wird auch für das Rabattpräparat keine Zuzahlung erhoben; das gilt auch in Hessen. (fst)

Lesen Sie dazu mehr: Special Rabattverträge

Schlagworte:
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Hämatologe gibt Tipps

Krebspatienten impfen: Das gilt es zu beachten

Lesetipps
Eine pulmonale Beteiligung bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) kann sich mit Stridor, Husten, Dyspnoe und Auswurf manifestieren. Sie zeigt in der Lungenfunktionsprüfung meist ein obstruktives Muster.

© Sebastian Kaulitzki / stock.adobe.com

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

Wenn der entzündete Darm auf die Lunge geht

Klinisch ist die Herausforderung bei der IgA-Nephropathie ihr variabler Verlauf. In den meisten Fällen macht sie keine großen Probleme. Bei einem Teil der Patienten verläuft sie chronisch aktiv, und einige wenige erleiden katastrophale Verläufe, die anderen, schweren Glomerulonephritiden nicht nachstehen.

© reineg / stock.adobe.com

Glomerulonephitiden

IgA-Nephropathie: Das Ziel ist die Null