Rheumapatienten

Kooperation lässt Wartezeiten schrumpfen

In der Versorgung von Menschen mit Rheuma knirscht es. Innovative Versorgung, Kooperation, Interdisziplinarität und Forschung sollen Abhilfe schaffen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Hand abtasten – ein Projekt soll Tempo in die Rheumadiagnosen bringen.

Hand abtasten – ein Projekt soll Tempo in die Rheumadiagnosen bringen.

© A.Gault / science photo library / Ag.Focus

BERLIN. Rund 1,5 Millionen Menschen in Deutschland leiden an entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Ihnen stehen gerade 776 Rheumatologen gegenüber. Die sind zu 170 Prozent ausgelastet. Lange Wartezeiten auf Arzttermine sind die Folge. Fatal für die Patienten, wie Professor Reinhold E. Schmidt von der Medizinischen Hochschule am Freitag beim 12. Kongress des Berufsverbands Deutscher Rheumatologen in Berlin bemerkte. Das Therapiefenster, innerhalb dessen Patienten behandelt werden könnten, ohne bleibende Schäden zu erleiden, sei schmal, sagte Schmitt bei einem vom Pharmahersteller AbbVie ausgerichteten Satellitensymposium. Im Schnitt dauere es 33 Wochen, bis Betroffene einen Facharzt sähen.

Ein vom Innovationsfonds mit sechs Millionen Euro unterstütztes Projekt soll nun der rheumatologischen Versorgung auf die Sprünge helfen. "Rheuma-Vor", das nach Aussage von Schmidt das einzige vom Innovationsausschuss angenommene Projekt ohne Krankenkassenbeteiligung ist, bindet die Hausärzte mit ein. In den kommenden drei Jahren sollen sie rund 8000 Patienten in Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland mit charakteristischen rheumatischen Beschwerden wie Gelenkschmerzen oder -schwellungen erfassen. Diese per Screening erfassten Verdachtsfälle sollen sie dann einer Koordinierungsstelle melden. So sollen die Wartezeiten gesenkt werden. In einem Vorlauf in Rheinland-Pfalz schrumpfte die Zeit zwischen dem Besuch beim Hausarzt und der Diagnosestellung beim Rheumatologen auf durchschnittlich 23 Tage (die "Ärzte Zeitung" berichtete).

Professor Hendrik Schulze-Koops, Bereichsleiter Rheumatologie am Klinikum der Universität München, verwies auf Zusammenhänge zwischen der Augenheilkunde und der Rheumatologie. Wenn Patienten mit einer rezidivierenden Uveitis beim Augenarzt erschienen, sollte unbedingt nach Rückenschmerzen gefragt werden.

Rheumatoide Arthritis trifft häufig Menschen, die mitten im Erwerbsleben stehen. Von 1997 bis 2015 führte die Arthritis noch bei 40 Prozent der Patienten zu Arbeitsunfähigkeit, 2015 war dieser Wert auf 25 Prozent gesunken, hat das Deutsche Rheumaforschungszentrum ermittelt. Das sei auf den Fortschritt in der Rheumatherapie zurückzuführen, sagte Dr. Stefan Simianer, Geschäftsführer Forschung und Entwicklung von AbbVie Deutschland. Die durchschnittliche Lebensqualität von Patienten mit rheumatoider Arthritis ist zu Therapiebeginn deutlich geringer als bei der Normbevölkerung", sagte Simianer.

Rund 30 Prozent der Patienten sprechen auf TNF-Blocker nicht an. Deshalb sei die Entwicklung neuer Therapien wichtig. Das Ziel sei letztendlich eine vollständige Remission von Rheumatoider Arthritis. Das sei anspruchsvoll und riskant zugleich. Auch Scheitern sei möglich.

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