Neurologie

Bezugstherapeut sorgt für mehr Therapie-Tempo

Eine berufsgruppenübergreifende Vernetzung ist Basis eines Projektes, mit dem Versorgung von Patienten mit neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen in NRW verbessert werden soll.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

DÜSSELDORF. Niedergelassene Neurologen, Psychiater und Psychotherapeuten in Nordrhein können sich künftig intensiver um schwer kranke Patienten kümmern. Das durch den Innovationsfonds geförderte Projekt "Neurologisch-psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung" (NPPV) setzt auf Ergänzung der Regelversorgung durch eine berufsgruppenübergreifende Vernetzung, eine abgestimmte und koordinierte Behandlung und zusätzliche Leistungen.

"Es geht um die Veränderung der Strukturen und die Art und Weise, in der wir Patienten mit neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen versorgen", sagte der Vorsitzende der KV Nordrhein (KVNo), Dr. Frank Bergmann, bei der Auftaktveranstaltung in Düsseldorf. Der ehemalige Vorsitzende des Berufsverbands Deutscher Nervenärzte und des Spitzenverbands ZNS setzt sich seit zehn Jahren für ein solches Konzept ein.

Wartezeiten werden verkürzt

Neben der Verkürzung von Wartezeiten sei ein wesentliches Ziel von NPPV die Verbesserung der Akutversorgung schwer kranker Patienten. "Wir müssen die Patienten mit akuten Krisen häufiger sehen und behandeln können", betonte Bergmann. "Um das zu schaffen und die Zusammenarbeit der Berufsgruppen zu verbessern, braucht es Koordination."

Diese übernimmt bei NPPV ein Bezugsarzt oder Bezugstherapeut, der die Patienten nach einem Eingangsassessment in das Projekt einschreibt. Er erhält organisatorische und administrative Unterstützung durch professionelle Netzwerkmanager des Projektpartners IVPNetworks sowie eine spezielle Software.

"Der Bezugsarzt oder -therapeut ist der zentrale Kümmerer, der dafür sorgt, dass die Patienten rechtzeitig in die richtige Versorgungsform kommen", erläuterte Projektleiter Dr. Karlheinz Großgarten von der KVNo. Geplant ist, dass 400 bis 800 Ärzte und Psychotherapeuten teilnehmen. Das wären zehn bis 20 Prozent der in Frage kommenden KVNo-Mitglieder. Sie sollen 14 000 Patienten einschreiben. Im Fokus stehen dabei volljährige Patienten mit folgenden Erkrankungen: affektive Störungen inklusive Depression; Psychosen inklusive manischer Episode und bipolarer affektiver Störung; komplexe Traumafolgestörungen; Hirnorganisches Syndrom inklusive Demenz; Multiple Sklerose, Morbus Parkinson und Schlaganfall.

Es geht nicht um Gängelung

Für die einzelnen Krankheitsbilder sind Behandlungspfade entwickelt worden. Es gehe nicht darum, die Ärzte und Therapeuten durch enge Vorgaben zu gängeln, betonte Dr. Uwe Meier, 2. Vorsitzender des Berufsverbands Deutscher Neurologen und Vorsitzender des Spitzenverbands ZNS. "Die Behandlung soll freier gestaltet werden, aber es braucht einen Rahmen, der medizinisch sinnvoll und durch Leitlinien abgesichert ist."

NPPV setzt darauf, dass den Patienten auch Angebote zur Verfügung gestellt werden, die über die Regelversorgung hinausgehen, wie niederschwellige Gesprächsgruppen für Patienten und Angehörige oder die Neuroedukation. "Wir werden die Vielzahl der einzelnen Behandlungsangebote nicht in unseren Praxen zur Verfügung stellen können. Das geht nur im Netz", sagte Meier.

Ärzte und Psychotherapeuten sollen ihre spezifischen Angebote melden. Die Netzwerkmanager organisieren dann die Vernetzung mit den anderen Leistungsanbietern. So wird sichergestellt, dass die Patienten genau die Leistungen erhalten, die sie benötigen. Das Projekt läuft über vier Jahre und erhält 12,9 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds. NPPV wird vom ZI für die kassenärztliche Versorgung und dem IGES-Institut evaluiert. Projektpartner sind die AOK Rheinland/Hamburg und der Landesverband Nordwest der Betriebskrankenkassen – nur ihre Versicherten können eingeschrieben werden. Die in der NPPV zusätzlich erbrachten Leistungen werden extra vergütet. Die Abrechnung erfolgt per Pseudo-Ziffern über die KVNo. Für das Einschreibeassessment erhalten die Teilnehmer beispielsweise 25 Euro. 25 Euro gibt es auch für den zweiten und jeden weiteren Patientenkontakt im Quartal bis zu 15 Kontakten. Hausärzte erhalten 15 Euro für die Information und Überweisung in die NPPV, wenn sich Patienten einschreiben.

Die NPPV sei nicht in Stein gemeißelt, sondern ein lernendes System, sagte der Geschäftsführer von IVP-Networks Dr. Norbert Paas. Das langfristige Ziel ist es, die Verbesserungen für die Patienten zum Teil der Regelversorgung zu machen, betonte KVNo-Chef Bergmann.

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Rechtzeitig eingefädelt: Die dreiseitigen Verhandlungen zwischen Kliniken, Vertragsärzten und Krankenkassen über ambulantisierbare Operationen sind fristgerecht vor April abgeschlossen worden.

© K-H Krauskopf, Wuppertal

Ambulantisierung

90 zusätzliche OPS-Codes für Hybrid-DRG vereinbart

Führen den BVKJ: Tilo Radau (l.), Hauptgeschäftsführer, und Präsident Michael Hubmann im Berliner Büro des Verbands.

© Marco Urban für die Ärzte Zeitung

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“