Am Ende hat der Barmer-Vertrag die Latte gerissen

Seine Zahlen schienen beeindruckend, sein Ende wird sang- und klanglos sein: Der Barmer Hausarztvertrag läuft Ende 2008 aus.

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Das Bundessozialgericht beschleunigte das Vertragsende.

Das Bundessozialgericht beschleunigte das Vertragsende.

© Foto: Corbis/Montage: sth

An diesem Pilotprojekt haben zuletzt über 38 000 Hausärzte, 18 000 Barmer-Hausapotheken und etwa 2,2 Millionen Versicherte teilgenommen. Und doch läuft der Vertrag Ende dieses Jahres aus - ohne dass es eine Anschlussregelung geben wird. Die Barmer hat im Juni den mit dem Deutschen Hausärzteverband und dem Deutschen Apothekenverband geschlossenen Vertrag zum Ende dieses Jahres gekündigt.

Zuvor hatte das Bundessozialgericht geurteilt, der Vertrag entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen für einen Integrationsvertrag. Denn das war aus Sicht der Barmer der Clou: Da der Vertrag nach den Vorgaben des Paragrafen 140a SGB V gestrickt war, konnte die Kasse für dieses Regelwerk die Anschubfinanzierung für die Integrationsversorgung anzapfen.

Das Urteil der Kasseler Richter war aber nur der Endpunkt eines Prozesses, in dessen Verlauf die Barmer feststellen musste: Die Rechnung geht nicht auf. Zwar sei es zu einer intensiveren Kooperation zwischen Hausärzten und Apothekern gekommen, hat Barmer-Vorstandsvize Birgit Fischer konstatiert. Das habe die Arzneimittelversorgung verbessert. Doch bei den harten Zahlen, etwa bei Daten zu Klinikeinweisungen, konnte die Kasse nach Angaben von Gerhard Potuschek, Landesgeschäftsführer der Barmer in Bayern, keine Veränderungen im Vergleich zur Regelversorgung feststellen. Weil Wirtschaftlichkeitsreserven nicht mobilisiert werden konnten, musste die Klappe für den Barmer-Vertrag spätestens dann fallen, als die obersten Sozialrichter ihr "Nein" zum Integrationscharakter des Vertrags fällten.

Unterdessen war auch die Bertelsmann-Stiftung im Januar 2007 bei einer Analyse aller bis dato laufenden Hausarztverträge zu einem kritischen Urteil gelangt: Befragte Patienten konnten keine Besserung ihres Gesundheitszustandes im Vergleich zur Regelversorgung feststellen. Auch die Zahl der Facharztbesuche durch teilnehmende Patienten hatte nicht abgenommen. Die Initiatoren des Barmer-Vertrags haben Lehrgeld bezahlen müssen: Der "Hausarztvertrag 2.0" der Zukunft sieht striktere Standards vor -  strengere Kostenkontrolle, ein integriertes Arzneimittelmanagement und eine höhere Verbindlichkeit der Teilnahme für Patienten. Nur die Praxisgebühr zu erlassen - das reicht für den Erfolg eines Hausarztvertrags nicht mehr. (fst)

Lesen Sie dazu auch: Der Eisbrecher für das Knacken des Kollektivvertrags

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