Urteil

Morbi-RSA falsch berechnet!

Das Landessozialgericht NRW kippt den Kassenausgleich: Die Richter verdonnern das Bundesversicherungsamt dazu, den Morbi-RSA für dieses Jahr neu zu berechnen.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Das Geld wird unter den Kassen neu verteilt.

Das Geld wird unter den Kassen neu verteilt.

© Frank Wiechens / fotolia.com

KÖLN. Das Bundesversicherungsamt (BVA) muss Fehler im morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) beheben und die Zuweisungen für die Kassen aus dem Gesundheitsfonds für dieses Jahr neu berechnen.

Das hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) in sechs Verfahren entschieden (wie kurz berichtet). Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Die Knappschaft, die AOKen und einige Betriebskrankenkassen hatten gegen das Berechnungsverfahren für den Morbi-RSA geklagt. Dabei ging es um die aus ihrer Sicht unangemessene Berücksichtigung der Kosten für die Behandlung von Patienten, die im Laufe eines Jahres gestorben sind.

Bislang werden die Kosten auf das ganze Jahr hochgerechnet, bei der Zuweisung der Pauschalen aus dem Gesundheitsfonds aber nur die Tage berücksichtigt, an denen sie tatsächlich gelebt haben.

Bisherige Verfahren führe zu Verzerrungen

Der Wissenschaftliche Beirat für die Weiterentwicklung des RSA hat sich schon länger für eine Änderung des Verfahrens ausgesprochen. 2011 hat er in einem Evaluationsbericht für das Jahr 2009 Verzerrungen durch den Rechenfehler belegt.

Das BVA wollte deshalb 2012 das Verfahren korrigieren, wurde daran aber durch eine Anweisung aus dem Bundesgesundheitsministerium gehindert.

Das bisherige Berechnungsverfahren führe zu systematischen Verzerrungen und sei nicht geeignet, Anreize zur Risikoselektion zu vermeiden, wie es das Gesetz erfordere, entschied das LSG. Deshalb sei das BVA verpflichtet, das Berechnungsverfahren für 2013 zu ändern.

Weder dem Amt noch dem Ministerium stehe es zu, mit Blick auf eine künftige Gesamtlösung für den RSA von den notwendigen Änderungen abzusehen, so die Richter.

Das Ansinnen von vier der klagenden Kassen, auch die Zuweisungen für die Jahre 2011 und 2012 neu zu berechnen, wies das LSG zurück.

AOK zufrieden

Der Vorsitzende des AOK-Bundesverbands Jürgen Graalmann, begrüßte die Urteile. "Es beendet die bestehende Diskriminierung von alten und schwer kranken Menschen."

Das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats habe gezeigt, dass für ältere Versicherte und für chronisch Kranke eine deutliche Unterdeckung der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds vorliegt, sagte der Beiratsvorsitzende Professor Jürgen Wasem der "Ärzte Zeitung".

"Das liegt daran, dass das BVA die Verstorbenen im RSA nicht so berücksichtigt, wie dies dem internationalen Standard in der Gesundheitsökonomie entspricht." Es sei gut, dass das LSG dies als rechtlich fehlerhaft beurteilt habe, sagte er.

Der BKK-Bundesverband hat eine umfassende Überarbeitung des RSA gefordert. Die Korrektur eines der vielen Methodenfehler, wie sie das LSG angeordnet habe, reiche dafür nicht aus, sagte Vorstand Franz Knieps.

"Es gibt an vielen Stellen Unwuchten bei der Umverteilung von Beitragsgeldern, deren Beseitigung aus unserer Sicht ebenso wichtig ist."

Bei der jetzt anstehenden Neuverteilung der Mittel aus dem Gesundheitsfonds soll es um ein Finanzvolumen von 450 Millionen Euro gehen.

Az.: u.a. L 16 KR 646/12 KL

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Mathematik und Morbi-RSA

Schlagworte:
Mehr zum Thema

#NRWEntscheidetSich

Medienkampagne zur Organspende in NRW

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Führen den BVKJ: Tilo Radau (l.), Hauptgeschäftsführer, und Präsident Michael Hubmann im Berliner Büro des Verbands.

© Marco Urban für die Ärzte Zeitung

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch.

© Rolf Schulten

Interview

Diakonie-Präsident Schuch: Ohne Pflege zu Hause kollabiert das System