AOK fordert

Krebskranke besser in Zentren behandeln

Werden Patienten mit Krebs in darauf spezialisierten Zentren versorgt, leben sie länger, zeigen AOK-Daten. Doch nur wenige Patienten werden in Zentren behandelt - mit Ausnahme von Frauen mit Brustkrebs.

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Krebspatienten sollten in Krebszentren behandelt werden, fordert die AOK Rheinland/Hamburg.

Krebspatienten sollten in Krebszentren behandelt werden, fordert die AOK Rheinland/Hamburg.

© Steffen Schellhorn / imago

BERLIN. Kritik an der Krebsversorgung in Deutschland hat die AOK Rheinland/Hamburg geübt.

In Staaten, in denen die Krebsversorgung stärker in Zentren organisiert sei, überlebten die Menschen mit diagnostizierten Krebserkrankungen länger, sagte Vorstandsmitglied Matthias Moormann bei der Vorstellung des Onkologie-Reports der Kasse am Donnerstag in Berlin.

In einem OECD-Ranking von 21 Ländern nimmt Deutschland beim Fünf-Jahres-Überleben nach bösartigen Neubildungen lediglich den 16. Platz ein.

Die skandinavischen Länder, Neuseeland, Korea, aber auch Japan und die Vereinigten Staaten schneiden in dieser Aufstellung besser ab.

Daraus geht hervor, dass nur eine Minderheit der an Krebs erkrankten Versicherten der Kasse in Krebszentren versorgt wird.

Nur 20 Prozent der Männer mit Prostatakrebs seien Patienten in einem spezialisierten Zentrum, berichtete Kassen-Chef Günter Wältermann. Ausnahme sei die Behandlung von Frauen mit Brustkrebs. 80 Prozent von ihnen würden in Zentren versorgt.

Ursache sei ein Überangebot von onkologischen Leistungen nicht spezialisierter Krankenhäuser, sagten die Vertreter der AOK. Der Gesetzgeber sei gefordert, die Ergebnisqualität dieser Leistungen zu evaluieren und einheitliche Zertifizierungsstandards zu schaffen.

Professorin kritisiert schlechte Vernetzung

Eine einheitliche Zertifizierung der onkologischen Zentren hat Professor Ulrike Nitz gefordert. "Das Geld folgt nicht der Qualität", sagte die Chefärztin des Brustzentrums Niederrhein am Evangelischen Krankenhaus Bethesda in Mönchengladbach.

Es gebe zertifizierte Zentren, die nicht einmal einen Krebspatienten in der Woche behandelten, sagte Nitz.

Niedergelassene Ärzte bräuchten zudem finanzielle Anreize, um sich die Behandlung von Krebspatienten mit den Zentren zu teilen. Die Sektorengrenze sei eine Bruchstelle der Versorgung.

Die Kasse unterstützt das Anliegen der Professorin. Für einheitliche Standards zu sorgen sei zum Beispiel das Institut für Wirtschaftlichkeit und Qualität im Gesundheitswesen (IQWiG) geeignet.

Die Kassen seien bereit, den Mehraufwand der Zentren zu finanzieren, wollten dann aber auch die Qualität gesichert sehen. Hier sei der Gesetzgeber gefordert, sagte der Vorsitzende der AOK Rheinland/Hamburg Günter Wältermann.

Nur Brustzentren haben sich durchgesetzt

Die Forderung ausgelöst haben Erkenntnisse der Kasse aus Nordrhein-Westfalen und Hamburg. Von den rund 5000 Menschen mit Lungenkrebs im Einzugsgebiet der Kasse haben sich nur rund 20 Prozent in einem zertifizierten Krebszentrum behandeln lassen.

Beim Bauchspeicheldrüsenkrebs waren es lediglich rund neun Prozent, beim Darmkrebs rund ein Drittel.

Durchgesetzt haben sich lediglich die Brustzentren, die gut 80 Prozent der betroffenen Frauen behandeln. Dass die KV Nordrhein und die Kassen vor zehn Jahren den ersten Vertrag für ein Disease Management Programm (DMP) geschlossen haben dürfte zu diesem hohen Wert beigetragen haben.

Handlungsbedarf sieht Professor Nitz bei der Versorgung von Frauen mit metastasiertem Brustkrebs. Wegen der schlechten Vernetzung von niedergelassenen Ärzten und Kliniken fänden diese Patienten seltener den Weg in ein interdisziplinäres Brustzentrum.

Verbesserungen verspricht sich Nitz von einem sektorenübergreifenden Zentrum an einem Standort. (af)

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