Urteil zur Masektomie

Genmutation als Krankheit

Bundesverwaltungsgericht gibt Beamtin Recht, die eine Masektomie hatte vornehmen lassen.

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LEIPZIG. Ein erhöhtes Brustkrebsrisiko wegen familiärer Vorbelastung und einer Genmutation kann eine Krankheit sein. Die Beihilfe muss dann gegebenenfalls auch die vorsorgliche Entfernung der Brustdrüsen bezahlen, urteilte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Danach kommt es aber auch auf die Früherkennung und die dann bestehenden Heilungschancen an.

Geklagt hatte eine Beamtin aus Südhessen. Bei ihr besteht eine BRCA2-Genmutation, die bei einer familiären Vorbelastung mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent zu Brustkrebs führt. Bereits mehrere weibliche Familienmitglieder waren an Brustkrebs erkrankt.

Daher wollte sie gar nicht abwarten, bis auch sie Brustkrebs bekommt. Von der Beihilfe beantragte sie eine vorbeugende Brustoperation mit Rekonstruktion durch Implantate. Das Land Hessen lehnte dies ab. Die Beamtin ließ die Operation dennoch durchführen und klagte auf Kostenerstattung.

Wie schon das Verwaltungsgericht Darmstadt hatte auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel der Klage stattgegeben. Die Kostenübernahme leite sich aus der im Grundgesetz verankerten Fürsorgepflicht des Dienstherrn ab. Dem ist nun im Grundsatz auch das Bundesverwaltungsgericht gefolgt. Das hohe Brustkrebsrisiko durch eine BRCA2-Genmutation könne beihilferechtlich eine Krankheit sein. Entsprechend habe auch schon das Bundessozialgericht für die GKV entschieden.

Allerdings liege eine behandlungsbedürftige Erkrankung nur vor, wenn die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung so hoch und die Folgen dann so schwerwiegend sind, dass der Frau ein Abwarten nicht zuzumuten ist. Nach dem Leipziger Urteil kommt es daher nicht nur auf das Erkrankungsrisiko an, sondern ebenso auf die Möglichkeiten der Früherkennung und die dann bestehenden Heilungschancen. Dies beides soll der VGH Kassel nochmals prüfen und in einer "Gesamtbetrachtung" zusammen mit dem Erkrankungsrisiko neu bewerten. (mwo)

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Äz.: 5 C 10.16

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