Hamburg

Beihilfe auch für GKV-versicherte Beamte

Der Hamburger Senat beschließt Gesetz mit bundesweiter Signalwirkung: Beihilfe gibt es künftig auch als GKV-Mitglied.

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HAMBURG. Pünktlich zum Start der Sondierungen zwischen Union und SPD am Mittwoch setzt der Rot-Grün regierte Hamburger Senat ein Signal in Richtung Bürgerversicherung. Beamte in der Hansestadt sollen ab August 2018 die Wahl haben zwischen Beihilfe und der Krankenversicherung in der GKV. Der am Dienstag beschlossene Gesetzentwurf wird nun der Bürgerschaft zur Beratung vorgelegt. Hamburg schreibe mit der Regelung "Sozialgeschichte", erklärte der Erste Bürgermeister Olaf Scholz (SPD).

Hamburg setzt auf Nachahmer

Die Hansestadt leiste einen Beitrag, um das Krankenversicherungssystem zu modernisieren, umschrieb Scholz die bundespolitischen Implikationen. Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) machte klar, dass sie auf Nachahmer hofft. Ziel sei eine "bundeseinheitliche Lösung im Beitragsrecht der GKV".

Bisher besteht die Wahlfreiheit für Beamte de facto nur auf dem Papier. Wenn sie sich nicht für die Beihilfe zusammen mit einer PKV-Police entscheiden, müssen sie den Arbeitgeberanteil für ihre gesetzliche Krankenversicherung selbst tragen. Aktuell gibt es in Hamburg 2400 freiwillig GKV-versicherte Beamte. Der Senat gibt die Mehrkosten des Modells für diese Gruppe mit mindestens 5,8 Millionen Euro pro Jahr an.

Junge Lehrer sind Zielpublikum

Das geplante Inkrafttreten zum August ist kein Zufall. Zu diesem Zeitpunkt werden insbesondere im Schuldienst neue Lehrer als Beamte eingestellt. Die Hamburger Regelung zielt ausdrücklich vor allem auf Beamte zu Beginn ihrer Laufbahn. Sie können ab kommendem Sommer die Beihilfe als Pauschale erhalten, die sich am hälftigen GKV-Beitrag bemisst. Beamte erhalten damit – anders als in der PKV – Zugang zur Familienversicherung und müssen bei Vorerkrankungen keine Risikozuschläge mehr zahlen. Allerdings gibt es von der GKV keinen Weg zurück zur Beihilfe alter Prägung. Damit will die Stadt "Optimierungsstrategien" einen Riegel vorschieben.

Das Hamburger Modell hat langfristig Sprengwirkung für die PKV. Rund 43 Prozent aller PKV-Versicherten sind Beamte oder Pensionäre. Die AOK Plus streckt bereits die Fühler nach neuen Mitgliedern aus. In Sachsen wird die Nachverbeamtung angestellter Lehrer diskutiert. Die Kasse forderte deren Wahlfreiheit.

Hamburg mache es vor, erklärte AOK Plus-Vorstand Rainer Striebel. Es stünde der sächsischen Landesregierung "gut zu Gesicht, wenn sie diesen Weg zu mehr sozialer Gerechtigkeit ebenfalls einschlägt", so der Kassenchef.

Im rot-rot-grün regierten Thüringen hat Finanzministerin Heike Taubert (SPD) Sympathie für das Vorgehen Hamburgs erkennen lassen. In Tauberts Zuständigkeit fällt auch die Beamten-Beihilfe. Sie stehe einer "echten Wahlfreiheit aufgeschlossen gegenüber", sagte die Ministerin der "Ostthüringer Zeitung".

"Modifikationen sind denkbar"

Die rheinland-pfälzische Landesregierung hält "Modifikationen am Beihilfesystem für denkbar". In der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen im Landtag heißt es, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehöre das gegenwärtige System der Beihilfe "nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums". Daher könne auch keine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Landes abgeleitet werden, Beamte und Versorgungsempfänger Unterstützung nur in Form von Beihilfe zu gewähren.

Die Landesregierung geht davon aus, dass der Zuschuss zu den GKV-Beiträgen von bisher PKV-versicherten Beamten in Hamburg "kaum in Anspruch genommen wird". Das ergebe sich aus den bundesgesetzlich geregelten Zugangsvoraussetzungen zur GKV, die einen Wechsel aus der PKV zu einer gesetzlichen Kasse schwierig machten. In Rheinland-Pfalz sei das Beihilfesystem schon bisher "versicherungsneutral" konzipiert. Bei der Festsetzung von Beihilfen spiele es keine Rolle, ob die Betroffenen in der GKV oder in der PKV versichert sind, heißt es. (fst)

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