Im Wandel

Was uns 2030 erwartet – Ein Szenario für die Versorgung

Das Gesundheitswesen steht unter Veränderungsdruck. Die Chefs von KV, Kammer, AOK und Klinikgesellschaft in Sachsen haben in einem gemeinsamen Papier die Herausforderungen skizziert.

Sven EichstädtVon Sven Eichstädt Veröffentlicht:
2030 im Blick: Vier Autoren aus Sachsen haben Herausforderungen für die Versorgung beschrieben.

2030 im Blick: Vier Autoren aus Sachsen haben Herausforderungen für die Versorgung beschrieben.

© O. Le Moal/stock.adobe.de

DRESDEN. Das Gesundheitswesen in Sachsen wird bis 2030 viele Veränderungen erleben müssen, damit es auch dann noch die Einwohner des Freistaats "ausreichend und qualitativ hochwertig" versorgen kann. Diese Ansicht vertreten vier Spitzenrepräsentanten des sächsischen Gesundheitssystems, die sich in einem gemeinsamen Thesenpapier Gedanken zur Zukunft des Gesundheitswesens gemacht haben, wie es in zwölf Jahren aussehen wird.

Die vier Autoren Erik Bodendieck (Präsident der Landesärztekammer), Klaus Heckemann (Vorstandsvorsitzende der KV Sachsen), Rainer Striebel (Vorstandschef der AOK Plus) und Hubertus Jaeger (Vorstandschef der Landeskrankenhausgesellschaft) wollen nach eigenen Angaben "Lösungsansätze aufzeigen", um auf künftige Herausforderungen bei der Sicherstellung der medizinischen Versorgung reagieren zu können.

Fokus auf drei Bereiche

Diese Herausforderungen sehen die vier Autoren in drei Bereichen: In der demografischen Entwicklung und in Bevölkerungsveränderungen, in veränderten Lebensmodellen von Ärzten sowie in Chancen und Risiken der Digitalisierung.

  1. Demografie: Die Autoren erwarten, dass es bis 2030 einen "steigenden medizinischen Versorgungsbedarf" geben wird, weil der Anteil der älteren Menschen an der Bevölkerung sowie die Lebenserwartung steigen werden. Außerdem unterstellen die Verfasser, dass viele Menschen die ländlichen Regionen verlassen und in Ballungszentren ziehen werden: Vor allem wegen "infrastruktureller Defizite der ländlichen Regionen". Auch das werde Auswirkungen auf die Versorgung haben.
  2. Veränderte Lebensmodelle von Ärzten: Bis 2030 gehen die Verfasser von einer "überproportionalen Abnahme der ärztlichen Angebotskapazitäten" aus. Als Gründe nennen sie zunehmende Teilzeitarbeit der Ärzte, Wünsche nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf und geregelten Arbeitszeiten bei den Medizinern, mehr Spezialisierungen und ein geringeres Interesse, sich selbst niederzulassen.
  3. Für die Kliniken unterstellen die Autoren, dass der Bedarf an ausländischen Ärzten, der schon jetzt vorhanden ist, künftig anhalten wird. Sie vermuten, dass es in osteuropäischen Ländern zu Konflikten kommen kann, weil die meisten der zuwandernden Ärzte von dort stammen. "Um diesen Brain Drain nicht noch zu verstärken, sollte auf eine aktive Anwerbung ausländischer Ärzte verzichtet werden", heißt es in dem Papier.
  4. Digitalisierung: Bei der Digitalisierung halten die vier Autoren "erhebliche Investitionen" für nötig, um die IT von Kliniken, Ärzten und Gesundheitseinrichtungen vor Hackerangriffen zu schützen. Es sei wichtig, "telemedizinische Verfahren zeitnah in die medizinischen Versorgungsabläufe zu integrieren". Dazu sollen "herstellerunabhängige Standards bezüglich der Datenqualität und der Datensicherheit" entwickelt werden.

Mögliche Gegenmaßnahmen

Um den Brain Drain nicht noch zu verstärken, sollte auf eine aktive Anwerbung ausländischer Ärzte verzichtet werden.

Aus dem gemeinsamen Thesenpapier von Eric Bodendieck, Klaus Heckemann, Rainer Striebel und Hubertus Jaeger über die Perspektiven des Gesundheitssystems 2030 in Sachsen

Als Gegenstrategie schlagen die Verfasser vor, weiter gezielt Hausärzte für Sachsen und da vor allem für ländliche Regionen zu gewinnen. Sie wünschen sich außerdem mehr Studienplätze für Medizin und eine Reform der Vergabe der Studienplätze. Weiterbildungsverbünde sollten geschaffen werden, um Ärzte bei ihrer Facharztausbildung zu begleiten.

Außerdem wird ein Mentorenprogramm für Ärzte angeregt, die sich niederlassen wollen, "um bestehende Ängste vor finanziellen und organisatorischen Risiken abzubauen". Die hausärztliche Versorgung soll stärker auf die Behandlung von chronisch kranken Menschen sowie auf Prävention und Rehabilitation ausgerichtet werden.

Die Autoren wollen erreichen, dass die Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung sowie zwischen Reha und Pflege überwunden werden. Dazu schlagen sie vor, dass Gesundheitszentren auf dem Land entstehen, mitunter auch als Eigeneinrichtungen von Kommunen.

Außerdem sollten "kleinere, wirtschaftliche fragile Krankenhäuser" zu fachärztlichen Versorgungszentren umgebaut werden, die auch "kleine, bettenführende Abteilungen" haben können.

Ärzte nicht im Ausland anwerben!

Die Autoren streben zudem eine "versorgungsorientierte Planung" an, sie wollen also die Planungen der KV und der Krankenhausgesellschaft verbinden, möglichst in einem "zentralen Gremium".

Ein weiteres Anliegen ist es, dass "Patiententransportsysteme" entstehen, um Menschen ohne Auto den Weg zum Arzt zu ermöglichen: Vor allem in Regionen, in denen kein Arzt mehr vor Ort praktiziert.

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