Berliner Breitscheidplatz — Ein Jahr danach

Für den Terrornotfall sehen sich Berlins Kliniken gerüstet

Nach dem Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz vor einem Jahr gab es an der medizinischen Versorgung nur verhaltene Kritik. Trotzdem wurde im Laufe des Jahres nachjustiert. Der Ärztliche Direktor der Charité, Professor Ulrich Frei, zeigt sich mit dem Ergebnis zufrieden.

Julia FrischVon Julia Frisch Veröffentlicht:
Eine Frau zündet am 19. Dezember, dem ersten Jahrestag des Anschlags auf dem Breitscheidplatz, am neu geschaffenen Mahnmal eine Kerze für die Opfer an.

Eine Frau zündet am 19. Dezember, dem ersten Jahrestag des Anschlags auf dem Breitscheidplatz, am neu geschaffenen Mahnmal eine Kerze für die Opfer an.

© picture alliance / AA

BERLIN. Viel Lob gab es nach dem Terroranschlag am 19. Dezember 2016 für die Berliner Rettungsdienste und Krankenhäuser: Die Notfallversorgung der Verletzten hatte reibungslos funktioniert. Im Gegensatz zur Polizei musste sich das Katastrophenmanagement später nicht vorhalten lassen, dass ihm zahlreiche Pannen unterlaufen waren.

Das Universitätsklinikum Charité, das nach der Amokfahrt vor der Gedächtniskirche 13 der 49 Verletzten aufgenommen hatte, sieht die Stadt auf weitere Terroranschläge gut vorbereitet. "Es bestehen ausreichende Strukturen in der Notfallversorgung und eine ausreichende Vorbereitung für krisenhafte Notfallsituationen", sagte Professor Ulrich Frei, Ärztlicher Direktor der Charité.

Katastrophen-Pläne überarbeitet

Kurz vor dem Anschlag im vergangenen Dezember hatte Karl Max Einhäupl, Charité-Vorstandsvorsitzender, freilich noch gewarnt, dass Berlin auf einen Terrorfall nur unzureichend vorbereitet sei. Es fehlten nicht nur Beatmungsgeräte. Bei einem Massenanfall von Verletzten könne es auch zu einer Knappheit an OP-Instrumenten-Sieben kommen, sagte Einhäupl damals. Dieser Mangel, so Frei heute, sei an der Charité inzwischen beseitigt worden. "Darüber hinaus hat das Land Mittel in den Haushalt eingestellt, die den Krankenhäusern erlauben sollen, zusätzliche Notfallinstrumente vorzuhalten."

Aus der Sicht der Uniklinik positiv ist zudem, dass im Laufe des vergangenen Jahres die Katastrophen-Pläne überarbeitet wurden, die Software für die Mitarbeiteralarmierung ausgeweitet sowie die die Materialvorhaltung aufgestockt wurde. Außerdem wurden zwei Großübungen an zwei Standorten vorgenommen. "Aufgrund der Erkenntnisse aus den Übungen kann man annehmen, dass die Charité an ihren drei bettenführenden Standorten primär etwa 100 Schwerstverletzte versorgen kann", sagt Frei.

In Berlin fanden schon vor dem Anschlag vom Breitscheidplatz regelmäßige unangekündigte Krankenhaus-Vollübungen an den 39 Aufnahmekrankenhäusern statt, im Schnitt sind es sieben bis acht Übungen pro Jahr.

Digitales Notfallsystem

Um die Arbeit der Rettungsdienste zu erleichtern, soll ab dem kommenden Jahr in der Hauptstadt ein digitales Notfallsystem eingeführt werden. Dieses zeigt unter anderem an, in welchen Krankenhäusern welche Versorgungskapazitäten aktuell zur Verfügung stehen.

Dies soll zum einen nicht nur die Papier- und Excel-Listen in der Leitstelle der Berliner Feuerwehr ersetzen, sondern möglichst bald auch eine tägliche Ressourcenabmeldung durch die Kliniken überflüssig machen. Zum anderen sollen telefonische Voranmeldungen von Patienten durch den Rettungsdienst in den Krankenhäusern nicht mehr erforderlich sein, weil über die Echt-Zeit-Übersicht IVENA Zuweisungsinformationen versendet werden können. Langfristig sollen ab 2019 alle Patienten im Rettungsdienst mit Hilfe der digitalen Übersicht über die Versorgungsressourcen schnell ins richtige Zielkrankenhaus befördert werden können.

An sieben Pilotkrankenhäusern wird IVENA schon getestet. Die erste Phase der Einführung werde hier Mitte März abgeschlossen sein, teilte die Senatsverwaltung für Gesundheit auf eine Anfrage aus dem Abgeordnetenhaus hin mit. Für alle übrigen Krankenhäuser werde Ende April 2018 der erste Schritt mit IVENA getan sein.

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