Fachkräfte gesucht

ÖGD in Berlin mangelt es an Hygienikern

14 Stellen sind unbesetzt, und damit mehr als die Hälfte der Planstellen, ergibt eine Anfrage der Links-Partei.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Im Dezember vergangenen Jahres hatten ÖGD-Ärzte vor dem Roten Rathaus in Berlin für eine bessere Bezahlung demonstriert.

Im Dezember vergangenen Jahres hatten ÖGD-Ärzte vor dem Roten Rathaus in Berlin für eine bessere Bezahlung demonstriert.

© Angela Misslbeck

BERLIN. Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) von Berlin ist in den zentralen Bereichen Katastrophenschutz, Infektionsschutz, Krankenhaushygiene und Kommunalhygiene personell nicht gut aufgestellt. Statt 26,5 Fachärzte für Hygiene und Umweltmedizin, wie im Stellenplan vorgesehen, sind in der ganzen Hauptstadt nur sechs Hygiene-Mediziner beschäftigt. „Die anderen Stellen sind entweder unbesetzt, von Nicht-Fachärztinnen und- ärzten oder fachfremd besetzt“, antwortete Gesundheitsstaatssekretär Martin Matz (SPD) auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten und Arztes Dr. Wolfgang Albers.

Die sechs Hygienemediziner verteilen sich auf die fünf Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf, Lichtenberg, Pankow, Tempelhof-Schöneberg und Treptow-Köpenick. Gänzlich unbesetzt sind den Angaben zufolge 14 Stellen, und damit mehr als die Hälfte der Planstellen.

Im Bezirk Mitte, dem die Überwachung zweier Standorte der Uniklinik Charité unterliegt, gibt es dagegen keinen einzigen Hygiene-Facharzt; genauso in Neukölln, wo einer der größten Standorte des kommunalen Klinikkonzerns Vivantes liegt. Dabei sind in Mitte vier Stellen für Hygiene-Fachärzte und in Neukölln drei solche Stellen vorgesehen.

Große Häuser reagieren

Die beiden großen Berliner Kliniken scheinen dagegen ihre Hausaufgaben beim Ausbau der Hygiene-Abteilungen gemacht zu haben. Die Charité hat den Angaben zufolge alle Arzt- und Pflegestellen in diesem Fachbereich besetzt. Dort sind Hygienefachärzte auf 7,9 Vollzeitstellen und 16,6 Hygienefachkräfte (Vollzeitkräfte) beschäftigt.

Im Vivantes Institut für Hygiene und Umweltmedizin arbeiten neun Hygieniker auf 7,85 Vollzeitstellen. Von den 24 Pflegekräften des Instituts haben 16 die Fachweiterbildung abgeschlossen und sechs weitere schließen sie in diesem Jahr ab. Im ärztlichen Dienst ist eine Dreiviertelstelle unbesetzt, in der Pflege sind es 3,6 Stellen.

Linken-Politiker Albers glaubt, dass die Forderungen nach mehr Hygienepersonal in den Krankenhäusern am Kern des Problems vorbeigehen würden: „Es geht in erster Linie darum, den ÖGD mit ausreichend Hygienikern auszurüsten. Bei den Krankenhäusern kommt es mehr darauf an, dass allgemein genug Personal vorgehalten wird, damit Zeit ist, die Hygienevorschriften und -standards umzusetzen.“

Noch keine Einigung

Die Personalprobleme im ÖGD von Berlin sind aus seiner Sicht aber nicht so einfach zu beheben. Der Hauptpersonalrat des Landes hat einen Vorschlag für eine bessere Vergütung von Ärzten im ÖGD abgelehnt. Nun ist die Einigungsstelle angerufen worden.

Doch Albers meint: „Selbst wenn sich die Bezahlung verbessert, fehlen die Fachärzte.“ Er vertritt die Auffassung, der Beruf des Facharztes für Öffentliches Gesundheitswesen sei nicht nur aufgrund der Bezahlung unattraktiv, sondern auch weil die Ausbildung aufwändig sei und die meisten Gesundheitsämter auch räumlich keine attraktiven Arbeitsplätze bieten würden.

Die Folgen: „Wir können den Hygieneaufgaben im ÖGD nicht nachkommen“, so Albers. Dabei sieht er die Überwachung der Krankenhäuser als geringstes Problem, denn sie hätten ein hohes Eigeninteresse daran, Infektionen zu vermeiden. Defizite gebe es vor allem bei der Lebensmittelhygiene und in anderen Bereichen.

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