"Widerspruchslösung in Deutschland ist undenkbar"

BRÜSSEL (spe). Trotz Rechtssicherheit und hoher Qualität in der Transplantationsmedizin ist nur etwa jeder achte Bundesbürger zur Organspende bereit.

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Die Gründe hierfür seien vielfältig, so Professor Dr. Eckhard Nagel, Leiter des Transplantationszentrums des Klinikums Augsburg und Mitglied im Deutschen Ethikrat, bei einem Diskussionsabend in Brüssel. So sei es nicht mehr alltäglich, sich mit dem Tod intensiv auseinanderzusetzen.

Die zunehmende Ökonomisierung der Medizin sowie kulturell unterschiedliche Prägungen der Menschen wirkten sich auf die Bereitschaft zur Organspende aus. Während beispielsweise in der christlich-abendländischen Tradition die Nächstenliebe im Vordergrund stünde, betone die angelsächsische Kultur die Freiheit des Einzelnen.

Dies erkläre auch, warum es in einigen europäischen Ländern die Widerspruchslösung gibt, wohingegen in anderen Staaten eine ausdrückliche Zustimmung zur Organspende erforderlich ist. "Eine Widerspruchslösung wie in Belgien, wäre bei uns undenkbar", sagte Nagel. Diese Unterschiede gelte es auch mit Blick auf die geplante Angleichung der Sicherheits- und Qualitätsstandards von Organtransplantationen in der EU zu berücksichtigen.

Die EU-Kommission hatte vor kurzem angekündigt, im Herbst eine Richtlinie zur Qualität und Sicherheit von Organspenden vorzulegen (wir berichteten). Auch will die Behörde die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei Organspenden und -transplantationen stärken.

Dr. Bruno Meiser, Präsident der Stiftung Eurotransplant, fürchtet, dass allzu restriktive EU-weite Mindeststandards zur Qualität und Sicherheit von Organtransplantationen den Mangel verschärfen könnten. Eurotransplant beispielsweise würde in medizinisch vertretbaren Einzelfällen auch Organe von Hepatitis-positiven Spendern an Hepatitis-positive Empfänger vermitteln.

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