Organspende im Tiefflug

Hat die ganze Diskussion um das Transplantationgesetz der Organspende geschadet? Fakt ist: Die Zahl der Organspenden in Deutschland ist 2011 deutlich gesunken. Zu den Gründen für den Rückgang gibt es eine Vermutung.

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FRANKFURT (HL). 1200 Menschen haben 2011 Organe gespendet. Das sind 7,4 Prozent weniger als im Vorjahr.

Die Zahl der gespendeten Organe ging um 7,1 Prozent auf 3.917 zurück.

Im nahezu gleichen Ausmaß sank auch die Zahl der Patienten, die aus dem Eurotransplant-Verbund ein Organ erhalten haben - nämlich auf 4.054.

Die Zahl der Menschen, die auf ein Organ warten, ist mit 12.000 allerdings dreimal so groß.

Mühsamer Weg zu mehr Organtransplantationen

Das geht aus der Jahresbilanz der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) hervor. Deren medizinischer Vorstand, Professor Dr. Günter Kirste, nennt als Ursachen für die Diskrepanz zwischen der Zahl der Organspenden und des Bedarfs unter anderem zunehmende Patientenverfügungen, in denen unspezifisch lebenserhaltende intensivmedizinische Interventionen bei infauster Prognose abgelehnt werden.

Möglicherweise werde dann auch zu früh eine palliativmedizinische Versorgung eingeleitet.

Ein weiterer Aspekt ist die in Deutschland noch nicht optimale Organisation des komplexen Procedere für die Organentnahme. Um die zu verbessern, haben Bundesgesundheitsministerium, die Stiftung Organtransplantation und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) 2010 das Projekt "Inhousekoordination" gestartet. Ein erster Zwischenbericht liegt nun vor.

An dem Projekt nehmen 112 Unikliniken und Krankenhäuser mit neurochirurgischen Intensivstationen teil. Dort sind ein oder mehrere Ärzte dafür verantwortlich, den direkten Kontakt zur DSO zu halten und sich um die Berichte zur Organspendesituation in der jeweiligen Klinik, die quartalsweise zu erstellen sind, zu kümmern.

Vielfältige Einflussfaktoren analysiert

In einer zunächst retrospektiven Datenanalyse wurde ermittelt, ob es über die erkannten potenziellen und realisierten Spender hinaus ein zusätzliches Potenzial gibt. Ferner werden die vielfältigen Einflussfaktoren analysiert: Knowhow von Ärzten und Pflegepersonal, Engpässe bei den Mitarbeitern, frühzeitige Kontaktaufnahme zur DSO und Probleme beim Gespräch mit Angehörigen potenzieller Organspender.

Daraus werden krankenhausindividuelle Verbesserungsvorschläge abgeleitet, um die Kenntnisse von Ärzten und Pflegern sowie die organisatorische Struktur so zu verbessern, dass Spenderpotenziale besser ausgeschöpft werden.

Mit der Novelle zum Transplantationsgesetz, so hofft DSO-Vorstand Professor Günter Kirste, könnte die Inhousekoordination durch den dann vorgeschriebenen Transplantationsbeauftragten dauerhaft institutionalisiert werden.

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