Massen-Mord für Organspenden in China?

Eine Protestaktion am Rande des Internationalen Transplantationskongresses in Berlin sorgt für Aufsehen. Eine Religionsgemeinschaft erhebt schwere Vorwürfe gegen China: Dort seien tausende Menschen getötet worden, um ihnen Organe entnehmen zu können.

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Immer wieder weisen die Mitglieder von Falun Gong mit auffälligen Aktionen auf ihre Behauptung hin, dass China illegale Maßnahmen ergreift, um an Organspenden zu gelangen.

Immer wieder weisen die Mitglieder von Falun Gong mit auffälligen Aktionen auf ihre Behauptung hin, dass China illegale Maßnahmen ergreift, um an Organspenden zu gelangen.

© Jerome Favre / epa / dpa

BERLIN (af). Die junge Frau vor dem Aufgang zum Internationalen Congress Centrum (ICC) in Berlin lässt einen Recorder für sich sprechen. Tausende Angehörige der Religionsgemeinschaft Falun Gong seien getötet worden, um ihnen ihre Organe zu entnehmen, sagt die Stimme aus dem Lautsprecher.

Im ICC haben sich noch bis zum Mittwoch mehr als 4000 Ärzte und Wissenschaftler zum Internationalen Transplantationskongress zusammengefunden.

Organe bei lebendigem Leib entnommen?

Jedem der Teilnehmer streckt die junge Frau ein Faltblatt entgegen. Die Unterdrückung der Mitglieder der laut Eigenbeschreibung "traditionellen chinesischen Kultivierungsschule" gehe einher mit einem Anstieg der Transplantationszahlen in China.

Das Land, das weltweit führend bei staatlich angeordneten Hinrichtungen sei, beliefere den internationalen Transplantationsmarkt, heißt es in dem Blatt.

Sein Titelbild zeigt einen Bahnhof, Züge, in Reih und Glied angetretene Menschen. Im Vordergrund zwei Soldaten mit Waffen im Anschlag.

Der Bildtext: "Streng bewachte Einteilung zum Abtransport ins Lager". Darüber steht "Unfassbare Verbrechen in China" und "Organe bei lebendigem Leib entnommen".

Ob das Foto zeigt, was die Aufmachung suggeriert, lässt die unscharfe Kopie im Ungewissen.

Organe von Hingerichteten gewonnen

Die Protestaktion hat das Einverständnis der Veranstalter. "Wir haben bis heute keine harten Fakten, dass die Vorgänge so ablaufen, wie von dieser Gruppe behauptet", sagt Professor Gerhard Opelz, Präsident der Internationalen Transplantationsgesellschaft (TTS) und Ärztlicher Direktor der Abteilung für Transplantations-Immunologie am Universitätsklinikum Heidelberg.

"Ich kann nicht ausschließen, dass da etwas dran ist, aber es ist nicht bewiesen." Trotz mehrfacher Bitten, Beweise für die Anschuldigungen vorzulegen, sei Falun Gong diese bislang schuldig geblieben.

Bei einem weiteren Punkt sehen die Organisatoren des Kongresses klarer, nämlich dass chinesische Behörden die Organe von Hingerichteten entnommen haben.

"Dass das so gewesen ist, ist unbestritten", sagt Kongresspräsident Professor Peter Neuhaus von der Berliner Charité . Das sei aber eine Entwicklung, die die TTS nie akzeptiert habe. Man habe China stets gedrängt, sich an die Weltstandards zu halten.

Der chinesische Gesundheitsminister habe ihm vor zwei, drei Jahren versichert, dass die Organspende geregelt sei, dass der Staat nun darauf achte, dass so etwas nicht mehr passiere.

Falun Gong benennt Zeugen

Noch aber bleiben Zweifel: So habe die TTS entschieden, dass sehr genau darauf geachtet werde, ob aus China wissenschaftliche Beiträge zur Organtransplantation kommen, bei denen man vermuten könnte, dass dort Organspenden von exekutierten Gefangenen involviert seien, sagt Neuhaus.

Deswegen seien die meisten Beiträge aus China Grundlagenwissenschaften, weil man nie ganz genau wissen könne, ob bei den Nieren- oder Lebertransplantationen auch Organspenden von Gefangenen dabei seien.

Im Faltblatt werden die kanadischen Autoren der Untersuchung "Bloody Harvest", der Parlamentsabgeordnete David Kilgour und der Menschenrechtsanwalt David Matas, als Zeugen angeführt für das systematische Töten von Falun Gong-Mitgliedern, um deren Organe zu gewinnen.

www.organharvestinvestigation.net

Lesen Sie dazu auch: Hirntod-Diagnose vor dem Feintuning

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