Widerspruchslösung oder aktive Entscheidung?

Spahn und Lauterbach präsentieren ihre Organspendelösung

Der Bundestag debattiert heute darüber, wie mehr Organspenden erreicht werden können. Die Spahnsche Widerspruchslösung schmeckt nicht jedem. Alternativvorschläge stehen in den Startlöchern.

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Ein Geschenk an andere Menschen – „nicht mit der Brechstange zu erzwingen“: Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz will deshalb nicht die Widerspruchslösung.

Ein Geschenk an andere Menschen – „nicht mit der Brechstange zu erzwingen“: Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz will deshalb nicht die Widerspruchslösung.

© vchalup / stock.adobe.com

BERLIN. Im Kampf gegen den Mangel an lebensrettenden Spenderorganen stellen mehrere Bundestagsabgeordnete an diesem Montag einen neuen Gesetzentwurf vor. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach und andere wollen damit die Widerspruchslösung auf den Weg bringen. Der Antrag zielt auf eine ergebnisoffene Debatte im Bundestag über eine Neuregelung der Organspende ab – ohne Fraktionszwang.

Auch andere Abgeordnete arbeiten an einer Reform: Stefan Pilsinger (CSU) und Annalena Baerbock (Grüne) sprechen sich dafür aus, dass sich ein Bundesbürger etwa alle zehn Jahre aktiv entscheiden können soll –aber nicht muss–, ob er seine Organe spenden will oder nicht – zum Beispiel immer bei der Beantragung seines Personalausweises. Der Alternativvorschlag soll zwischen Mitte April und Anfang Mai vorgestellt werden.

„Ein parlamentarisches Foulspiel“

Die Grünen-Abgeordnete Kirsten Kappert-Gonther warf Spahn „ein parlamentarisches Foulspiel“ vor. Es sei abgesprochen gewesen, dass beide Gruppen ihre Konzepte zeitgleich vorstellten, Spahn sei aber mit seinem Termin nun vorgeprescht, kritisierte sie im ARD-„Morgenmagazin“.

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Unterdessen hat sich die Deutsche Stiftung Patientenschutz gegen die Widerspruchslösung ausgesprochen. Bei der Widerspruchsregelung könne von Spende keine Rede mehr sein, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. „Schweigen heißt aber nicht Zustimmung.“

Es sei ethisch besonders wertvoll, einem anderen Menschen sein Organ zu schenken, so Brysch weiter. „Doch dieses Geschenk ist nicht mit der Brechstange zu erzwingen.“

 Organspende nicht erzwingen

Brysch forderte, der Gesetzgeber müsse mehr Verantwortung in dem Bereich übernehmen. „Das Transplantationssystem muss in staatliche Hände gelegt werden.“ Das gelte sowohl für die Regeln und Verteilungskriterien als auch für die Organisation und die Kontrolle des Systems. Heute trägt unter anderem die Deutsche Stiftung Organtransplantation hier die zentrale Verantwortung.

Auch der Ethikrat-Vorsitzende Peter Dabrock ist gegen die Widerspruchslösung. „Damit wird für mich der Körper nach dem Hirntod zu einem Objekt der Sozialpflichtigkeit“, sagte der Theologieprofessor am Montag im Deutschlandfunk.

Dabrock bezweifelt, ob eine Änderung zu mehr Effizienz bei Organspenden führe. Außerdem könnte die Widerspruchslösung dem Vertrauen in das System an sich schaden.

Neues Gesetz tritt in Kraft

Gleichzeitig mit der Bundestagsdiskussion tritt heute ein Gesetz in Kraft, das die Bedingungen für die Organentnahme in den Kliniken verbessern soll.

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Grund für die aktuelle Organspende-Debatte: In Deutschland herrscht ein Mangel an gespendeten Organen. So standen zuletzt 9400 Patienten auf den Wartelisten für eine Organtransplantation.

Erstmals seit 2010 war die Zahl der Organspender im vergangenen Jahr wieder gestiegen: 955 Menschen spendeten nach ihrem Tod ihre Organe für schwerkranke Patienten. Im Vergleich zu 2017 ist dies eine Steigerung von knapp 20 Prozent. (ajo mit dpa-Material)

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