Organspende

Schmidt und Gröhe stellen sich gegen Spahn

Widerspruchs- oder Zustimmungslösung? Voraussichtlich im Herbst wird der Bundestag entscheiden, wie die Organspende neu zu regeln ist. Zwei Ex-Bundesminister bringen sich noch einmal argumentativ in die Debatte ein.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Ex-Bundesminister Ulla Schmidt (SPD) und Hermann Gröhe (CDU) werben für die Zustimmungslösung.

Ex-Bundesminister Ulla Schmidt (SPD) und Hermann Gröhe (CDU) werben für die Zustimmungslösung.

© Wolfgang Kumm

BERLIN. Die Debatte um eine Neuregelung der Organspende geht auch in der parlamentarischen Sommerpause weiter. Am Donnerstag meldeten sich die früheren Bundesgesundheitsminister Ulla Schmidt (SPD) und Hermann Gröhe (CDU) mit einem klaren Plädoyer für die sogenannte erweiterte Zustimmungslösung zu Wort. Die beiden prominenten Politiker unterstützen einen entsprechenden Gesetzesantrag, der von einer Gruppe aus Abgeordneten von Union, SPD, FDP, Linken und Grünen getragen wird.

Die Zustimmungslösung sieht vor, dass man der Organspende ausdrücklich zugestimmt haben muss, damit Organe entnommen werden dürfen. Falls diese Entscheidung nicht vorliegt, können Angehörige gefragt werden. Alle Bürger sollen zudem regelmäßig auf das Thema Organspende angesprochen werden – etwa im Zuge der Führerschein-Prüfung oder beim Abholen von Ausweispapieren in Bürgerämtern.

Zwei Gruppen-Anträge im Rennen

Demgegenüber zielt der Antrag einer anderen Abgeordneten-Gruppe um den amtierenden Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und den SPD-Gesundheitsexperten Professor Karl Lauterbach auf die Einführung der sogenannten Widerspruchslösung ab. Danach ist jeder ein Organspender, der zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widersprochen hat und diesen Widerspruch in einem Register hat eintragen lassen.

„Wir sehen darin einen tief greifenden Einschnitt in das Selbstbestimmungsrecht jedes einzelnen Menschen“, positionierte sich Schmidt gegen die Widerspruchslösung. Würde diese Lösung realisiert, sei das ein „völlig neuer Vorgang“ innerhalb der hiesigen Rechtsordnung. „Dass ich Zustimmung durch Nicht-Widersprechen gebe.“

Bei einer heiklen Frage wie der, ob man nach dem Tod einem anderen Menschen ein Organ spende, dürfe nicht einfach gesagt werden: „Wer nicht widerspricht, hat zugestimmt.“ Ein solches Vorgehen verunsichere die Menschen nur. Wichtiger sei es, „Vertrauen in Organspende zu schaffen und Menschen gezielt darauf anzusprechen“, sagte Schmidt.

Entscheidend sei auch, dass Abläufe in den Krankenhäusern verbessert würden, um dort mehr potenzielle Organspender zu identifizieren. „Das ist die zentrale Stelle.“

Gröhe hob hervor, dass alle Abgeordneten des Bundestags den Wunsch hegten, die Organspende zu stärken. „Es kann uns nicht ruhen lassen, wenn jeden Tag ungefähr drei Menschen sterben, weil für sie kein passendes Spenderorgan zur Verfügung steht.“

Die Widerspruchslösung sei aber „nicht die richtige Antwort“ auf die Frage, wie man mehr Menschen zur Organspende motiviere. Dieses Ziel lasse sich mit der Zustimmungslösung besser erreichen. Die Vorstellung, „wenn du nicht entschieden hast, gehört dein Körper gleichsam der Gemeinschaft, führe „in die Irre“.

Laut Erhebungen stünden 84 Prozent der Bundesbürger der Organspende grundsätzlich positiv gegenüber, sagte Gröhe. „Die entscheidende Frage ist, wie holen wir diese Menschen ab.“ Dabei spielten auch Hausärzte eine zentrale Rolle. Sie sollten Patienten „regelhaft“ zum Thema Organspende beraten. Die aufgewendete Zeit sei den Hausärzten gesondert zu vergüten. Zudem gehöre das Thema Organspende stärker in die ärztliche Aus- und Fortbildung integriert.

Kompromiss nicht vorstellbar

Der Bundestag hatte Ende Juni erstmals über die Gesetzesanträge zur Organspende debattiert. Auch die Fraktion der AfD hatte einen Antrag vorgelegt. Er zielt darauf ab, Vertrauen in das Spende- und Transplantationsverfahren zu stärken. Voraussichtlich im Herbst wird im Parlament ohne Fraktionsdisziplin über die Anträge abgestimmt. Zuvor sollen Verbände und Experten angehört werden.

Dass es einen Kompromiss zwischen den beiden fraktionsübergreifenden Anträgen gibt, schloss Gröhe aus. „Da wird es am Ende ein entweder oder geben.“

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