Haushaltsdebatte: Opposition schimpft über Tatenlosigkeit bei der Pflege

Die Haushaltsdebatte um die Finanzmittel des BMG in Höhe von 14,85 Milliarden Euro kannte nur ein Thema: Wie und vor allem wann geht es weiter mit der Pflege?

Von Rebecca Beerheide Veröffentlicht:
Egal, wie die Reform aussehen wird: Daniel Bahr muss bei der Pflege an an Merkel und Schäuble vorbei.

Egal, wie die Reform aussehen wird: Daniel Bahr muss bei der Pflege an an Merkel und Schäuble vorbei.

© Kumm / dpa

BERLIN. "Öffentliches Gewürge", "totale Orientierungslosigkeit" und "schwarz-gelbes Loch" - so tönte es den Gesundheitspolitikern der Koalition von der Oppositionsbank entgegen.

Bei der Haushaltsdebatte für den Einzelplan 15 "Gesundheit" versuchte Minister Daniel Bahr seine Politik und seinen Haushalt zu verteidigen -  die Opposition ließ naturgemäß am Haushalt der Bundesregierung kein gutes Haar.

Zweieinhalb Millionen Euro für 2012

Dabei sei man auf dem Weg zum Erfolg, betonte Bahr. Man habe gerade den Etat zur Aufklärung bei der Organspende hochgesetzt, zweieinhalb Millionen Euro würden dafür 2012 bereitgestellt.

Auch gebe es mehr Geld für Forschung und Prävention bei HIV sowie für Forschung zu Innovationen im Gesundheitswesen.

Schlagabtausch bei fast allen Rednern

Bahr verteidigte vehement den größten Batzen in seinem Haushalt gegen die Kritik und Zwischenrufe der Opposition: 14 Milliarden Euro gehen als Zuschuss an die Krankenkassen. Mit dem Krankenkassenfinanzierungs-Gesetz sei dieser Zuschuss dauerhaft und krisensicher gestaltet worden.

"Wir haben ein Milliardendefizit bei den Krankenkassen vorgefunden. Wir mussten das finanzieren, was sie überlassen haben", rief er vor allem der SPD-Gesundheitsexpertin Elke Ferner zu.

Den Schlagabtausch, ob das frühere SPD-Ministerium unter Ulla Schmidt schlecht übergeben wurde, führten fast alle Redner weiter.

Eckpunkte für Reform werden am 23. September vorgelegt

Noch hitziger wurde es am späten Abend beim Thema Pflege: Bahr kündigte unverdrossen an, man werde für den "Zusammenhalt der Gesellschaft" am 23. September Eckpunkte für Pflegereform vorlegen.

Der von ihm eingesetzte Beirat unter Dr. Jürgen Gohde soll nicht als Untätigkeit gedeutet werden, im Gegenteil: "Es handelt sich nicht um Verzögerung, sondern es ist Beleg für eine Umsetzungsstrategie."

Häme von der Opposition

Häme konnte sich da die Opposition nicht verkneifen: Als "öffentliches Gewürge" bezeichnete SPD-Frau Ferner die Diskussion um die Pflege innerhalb der Koalition, den Minister bezeichnete sie als "Tu-Nix-Minister".

"Eine absurde Idee folgt der nächsten", sagte Elisabeth Scharfenberg, Pflegeexpertin von den Grünen. Man lebe bereits im Jahr der Pflege, das der frühere Minister Philipp Rösler ausgerufen hat, so Scharfenberg. "Doch nun ist schon September".

"Was für einen Kalender hat man im Ministerium eigentlich, in dem der Start des Jahres im September liegt", fragte auch SPD-Haushaltspolitiker Ewald Schurer.

Geduld erbeten

Das Zitat von Philipp Rösler, der als FDP-Chef nun "liefern wolle", hing seinem Nachfolger im Gesundheitssressort auch in dieser Debatte nach. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Birgitt Bender, bezeichnete die Politik der FDP bei der Pflege als "Lieferung Modell lange Bank".

Heinz Lanfermann, Gesundheitsexperte der FDP, hielt dagegen: "Haben Sie doch etwas Geduld, bis die Eckpunkte vorgelegt werden und spekulieren Sie bis dahin nicht."

Alois Karl hofft auf Effekt des Papstbesuchs

Die Haushaltspolitiker der SPD bezeichneten es als besonders bitter, dass dort, wo das Ministerium inhaltlich gestalten könne, nichts passiere, "Warum gerade in den Präventionsprojekten gekürzt wird, dazu sagen sie nichts", sagte Schurer.

Auch sei die Regierung nicht ehrlich, wenn sie sich für die Politik bei HIV lobe, gleichzeitig aber die Präventionsprojekte in Osteuropa ganz streiche.

Doch so ganz glauben wohl auch die Koalitionäre nicht an die Eckpunkte für eine Pflegereform. Der Haushaltspolitiker Alois Karl (CSU) sagte am Ende der Debatte: "Ich freue mich schon auf den 23. September. Das ist ein Tag nach dem Papstbesuch hier im Bundestag. Vielleicht hat das einen guten Einfluss auf die Vorschläge zur Pflegereform."

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Chance beim Eigenlob verpasst

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