Länder dürfen Ansprüche an Pflegeheime hochschrauben

Viele Vorgaben im neuen baden-württembergischen Pflegeheimgesetz sind im Sinne der Bewohner. Dem müssen sich die Betreiber beugen.

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MANNHEIM (mwo). Die Länder dürfen Heimträger zu mehr Privatsphäre in neu gebauten Heimen verpflichten. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim billigte mit einem vergangene Woche veröffentlichten Urteil neue Vorgaben des Stuttgarter Sozialministeriums, wonach nur noch Wohnungen oder Einzelzimmer gebaut werden dürfen, die sich teilweise miteinander verbinden lassen.

Mit seiner neuen Landesheimbauverordnung vom 18. April 2011 hatte das Sozialministerium die Mindeststandards für Heimneubauten in Baden-Württemberg deutlich angehoben. Danach sollen die Heime zentral und verkehrsgünstig gelegen sein.

Wohnungen mit mindestens 14 Quadratmetern

Baulich soll es nur noch Wohngruppen, Wohnungen oder Einzelzimmer mit mindestens 14 (mit Vorraum 16) Quadratmetern geben.

Um auch Paaren ein gemeinsames Wohnen im Heim zu ermöglichen, "soll ein möglichst hoher Anteil der Einzelzimmer so gestaltet werden, dass jeweils zwei nebeneinanderliegende Zimmer zu einer Nutzungseinheit zusammengeschlossen und von zwei Personen gemeinsam genutzt werden können".

Auch für die Gemeinschaftsräume gibt es feste Vorgaben. Für bestehende Heime gibt es Übergangsregelungen für bis zu 25 Jahre.

Heimträger klagt

Gegen diese Vorgaben klagte ein Heimträger, der Anfang 2008 eine neue Einrichtung eröffnet hatte, die die neuen Vorgaben nicht erfüllt. Insbesondere sind zwölf der 36 Plätze in Doppelzimmern, Gemeinschaftsräume gibt es nicht.

In seinem Urteil vom 27. September 2011 bejahte der VGH zunächst die Zuständigkeit des Sozialministeriums. Für Heime seien die Bundesländer seit der Föderalismusreform 2006 allein verantwortlich. Die Verordnung wiederum stütze sich auf ausreichende rechtliche Grundlagen im Landesheimgesetz.

Privatsphäre der Heimbewohner ein legitimer Gemeinwohlbelang

Inhaltlich griffen die Vorgaben zwar in die Berufsfreiheit der Heimbetreiber ein. Dies sei aber im Interesse der Bewohner sachlich gerechtfertigt und daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Vor allem die Privat- und Intimsphäre der Heimbewohner sei "offenkundig ein legitimer Gemeinwohlbelang".

Dies müsse der Landesgesetzgeber nicht dem Wettbewerb überlassen. Und schließlich reichten auch die Übergangsregelungen aus, um den Trägern bestehender Heime ausreichend Zeit für die erforderlichen Anpassungen zu geben.

Az.: 6 S 707/10

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Würdiges Leben ist keine Privatsache

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