PKV im Fadenkreuz der Grünen

Eine für alle und Alle für eine - nach der SPD wollen auch die Grünen die Bürgerversicherung auch in der Pflege. Dafür wollen sie die Rückstellung der PKV anzapfen. Die hält davon wenig und spricht von Enteignung.

Von Sunna Gieseke Veröffentlicht:
Pflege zwischen den Systemen: Privat oder gesetzlich versichert?

Pflege zwischen den Systemen: Privat oder gesetzlich versichert?

© Yuri Arcurs / shutterstock.com

BERLIN. Die Grünen haben der schwarz-gelben Koalition vorgeworfen, mit der Pflegereform "grandios" gescheitert zu sein. Jetzt haben sie ein eigenes Konzept vorgelegt: Die Grüne Pflege-Bürgerversicherung.

Sie soll "deutliche Leistungsverbesserungen" bringen, gleichzeitig könnte der Beitragssatz in der gesetzlichen Pflegeversicherung von derzeit 1,95 Prozent um bis zu 0,4 Prozentpunkte gesenkt werden.

Maximal würde dieser bis zum Jahr 2055 auf einen Beitragssatz von 3,2 Prozent steigen. Das geht aus dem Gutachten zu "Berechnungen der finanziellen Wirkungen verschiedener Varianten einer Pflegebürgerversicherung" hervor.

Erstellt wurde es im Auftrag der Grünen Bundestagsfaktion von dem Gesundheitsökonomen Professor Heinz Rothgang vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen.

Um die Basis der Einkünfte zu erweitern, sollen auch Vermögenseinkommen, Mieten und Gewinne einbezogen werden und nicht nur Löhne, Renten und Arbeitslosengeld.

Die Beiträge auf Erwerbseinkommen aus abhängiger Beschäftigung werden weiterhin paritätisch finanziert. Der erhöhte Beitragssatz für kinderlose Versicherte bleibe in der Pflege-Bürgerversicherung bestehen. Kinder sollen kostenlos versichert sein.

Geht es nach den Vorstellungen der Grünen, sollen künftig auch Beamte, Abgeordnete, Selbstständige und Kapitalbesitzer in eine Bürgerversicherung einzahlen. Damit würde die Basis der Einzahler erheblich erweitert.

PKV-Verband: Verfassungswidrige Pläne

Größere Probleme beim Übergang in eine Bürgerversicherung seien aufgrund der Ähnlichkeiten der Sozialen und Privaten Pflegeversicherung nicht zu erwarten, heißt ist in dem Gutachten.

Die Bürgerversicherung sei kein "Bestrafungsprogramm" für Privatversicherte, "sondern für alle eine sinnvolle Lösung", so die Grünen. Schließlich stehe die Private Pflegeversicherung (PPV) vor vielen Problemen.

Die Zahl der Pflegebedürftigen werde in der PPV bis 2060 aufgrund der höheren Lebenserwartung um 281 Prozent zunehmen. In der Sozialen Pflegeversicherung hingegen nur um 53 Prozent.

Die zurzeit sehr günstige Versichertenstruktur der PPV werde zum Problem, wenn die Gruppe der heute 35- bis 65-jährigen Versicherten pflegebedürftig zu werden drohe. Das führe zu erheblich Kostensteigerungen.

Die Grüne Pflege-Bürgerversicherung will zudem die Altersrückstellungen der PPV anzapfen. Diese belaufen sich auf 20,4 Milliarden Euro.

Diese Pläne wurden von der PKV harsch kritisiert: Das käme einer "Enteignung" der Privatversicherten gleich und sei "verfassungswidrig", sagte Volker Leienbach, Direktor des PKV-Verbandes.

Damit seien die Berechnungen unrealistisch. "Warum sollten die Privatversicherten die schlechte Vorsorge der anderen kompensieren?", fragte Leienbach.

Eine Umstellung des Systems sei nicht notwendig: Die PPV sei für die Versorgung einer alternden Gesellschaft aufgestellt, denn das Finanzierungssystem sei tragfähig.

Auch die SPD feilt an ihrer Pflege-Bürgerversicherung. Vergangene Woche wurde bekannt, dass sie jährlich eine Milliarde Euro dem Kapitalstock der PKV entnehmen und diesen Betrag der gesetzlichen Pflegeversicherung zuführen will.

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