Demenz-Patienten

Psychologie macht die Pflege leichter

Wer Pflegebedürftige betreut, muss Stress und eine enorme Verantwortung aushalten. Damit pflegende Angehörige nicht selbst zum Pflegefall werden, können Psychologen helfen. Eine Studie nimmt diese Hilfe nun unter die Lupe.

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Knochenjob Pflege.

Knochenjob Pflege.

© Stockbyte / Thinkstock

JENA/HILDESHEIM. Demenz belastet nicht nur die Erkrankten, sondern auch die Personen, die die Demenzkranken betreuen und pflegen. Wie Angehörige von Menschen mit einer Demenz unterstützt werden können, untersuchen Forscherinnen der Universitäten Jena und Hildesheim.

Dass psychologische Unterstützung den Pflegenden hilft, hat bereits eine vorausgegangene Untersuchung bewiesen, wie die Universitäten Jena und Hildesheim gemeinsam mitteilen. Sie zeigt auch, dass das Interesse an solcher Hilfe für die Helfer groß ist, und weitere Forschungen notwendig sind.

Denn in Deutschland leben derzeit rund 1,4 Millionen Menschen, die an einer Demenz erkrankt sind. Über 70 Prozent von ihnen werden zu Hause von einem Familienmitglied betreut oder gepflegt.

"Pflegende Angehörige sind häufig körperlich und seelisch überfordert", hat Professor Gabriele Wilz vom Institut für Psychologie der Universität Jena im Projekt "Tele.TAnDem", das von 2008 bis 2010 lief, ermittelt.

Die pflegenden Angehörigen vergessen oft das eigene Wohlergehen, obwohl dies Voraussetzung ist, um die permanente Pflege bewältigen zu können.

"Wir wollen die pflegenden Angehörigen nicht alleine lassen", nennt Wilz die Motivation für das Projekt. Und die Ergebnisse des Forscherteams um Professor Gabriele Wilz von der Uni Jena und Professor Renate Soellner von der Uni Hildesheim zeigen, dass den pflegenden Angehörigen durch qualifizierte Psychologinnen geholfen werden kann.

Die Psychologinnen unterstützen die Pflegenden dabei, leichter mit Schwierigkeiten im Pflegealltag umgehen zu können, was sich wiederum positiv auf die Gesundheit auswirkt.

Gesundheit und Lebensqualität waren besser, Depressionen seltener

Über 100 Angehörige wurden drei Monate lang in insgesamt je sieben Telefongesprächen begleitet. Sie berichteten danach von einem verbesserten Gesundheitszustand, von verringerten depressiven Symptomen und einer erhöhten Lebensqualität.

91 Prozent würden die psychologische Unterstützung anderen weiterempfehlen und vier von fünf Angehörigen bewerteten die Unterstützung als sehr hilfreich.

Gerade die regelmäßigen Kontakte erlebten die pflegenden Angehörigen als besonders hilfreich, unterstreicht Professor Wilz. Dabei ging es in den Telefonaten keineswegs um praktische Anleitungen in Krankenpflege.

"Die Pflegenden selbst sollen gestärkt werden, um das gemeinsame Zusammenleben weiter gut meistern zu können", sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin Kathi Albrecht.

Das Angebot wird in bestehenden Versorgungsstrukturen erprobt

Nun ist die zweite Studie "Tele.TAnDem.Transfer" gestartet. Erstmals soll das qualifizierte psychologische Unterstützungsangebot in bestehenden Versorgungsstrukturen erprobt werden.

Über ein Jahr sollen 120 Studienteilnehmer in Vergleichsgruppen begleitet werden. Zwei Gruppen erhalten sechs Monate lang psychotherapeutische Unterstützung - eine davon per Telefon.

Die persönliche Beratung findet in Jena, München und Berlin statt, die telefonische bundesweit. Bei den Gesprächen geht es u. a. um den Umgang mit belastenden Gedanken und Sorgen oder mit sozialer Isolation.

"Wir vergleichen die Wirkungen der telefonischen Unterstützung mit denen einer persönlichen Begegnung", nennt die Jenaer Psychologin Albrecht das Ziel.

Das Bundesministerium für Gesundheit fördert das aktuelle Forschungsprojekt von 2012 bis 2015 mit 480.000 Euro. Kooperationspartner sind die Universitäten Jena und Hildesheim, die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. und die Alzheimer Gesellschaft München e.V. Die gesundheitsökonomische Bewertung der Studienergebnisse erfolgt in Kooperation mit dem Helmholtz Zentrum München.

Teilnehmer gesucht

Für die Studie werden bundesweit Angehörige gesucht, die einen demenzerkrankten Menschen zu Hause pflegen und bisher keine therapeutische Unterstützung erhielten.

Interessierte melden sich per E-Mail an: teletandem@uni-jena.de. Oder sie wenden sich telefonisch an Dipl.-Psych. Kathi Albrecht (Tel. 03641 / 945175; montags 13.00-14.00 Uhr und dienstags 9.00-10.00 Uhr) oder an Dipl.-Psych. Franziska Meichsner (Tel. 03641 / 945178; mittwochs 10.00-11.00 Uhr und 16.30-17.30 Uhr) oder nach Vereinbarung.

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