Auseinandergenommen

Pflege-Bahr bei Stiftung Warentest durchgefallen

Die Stiftung Warentest hat den Pflege-Bahr abgewatscht und die geförderte Versicherung als "Mogelpackung" bezeichnet. Die PKV setzt sich gegen die massive Kritik zur Wehr.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Harsche Kritik der Stiftung Warentest am "Pflege-Bahr": Die Angebote der geförderten Pflegeversicherung schließen die finanzielle Lücke im Pflegefall bei weitem nicht.

Harsche Kritik der Stiftung Warentest am "Pflege-Bahr": Die Angebote der geförderten Pflegeversicherung schließen die finanzielle Lücke im Pflegefall bei weitem nicht.

© gabrielejasmin / fotolia.com

BERLIN. Die von der Stiftung herausgegebene Zeitschrift "Finanztest" bezeichnet die geförderten Pflegetagegeldversicherungen in ihrer Maiausgabe als "Mogelpackungen".

Die Angebote der geförderten Pflegeversicherung schlössen die finanzielle Lücke im Pflegefall bei weitem nicht, sagte Finanztest-Chefredakteur Hermann-Josef Tenhagen bei der Vorstellung des Tests.

Der "geringe Preisvorteil" gegenüber nicht geförderten Produkten sei nur für den Einstiegszeitpunkt gesichert, ergänzte Versicherungsexperte Holger Rohde von der Stiftung Warentest.

Wenn wegen des Kontrahierungszwangs viele Menschen mit einem hohen Pflegebedürftigkeitsrisiko die Zulagentarife abschlössen, müssten die Versicherer die Beiträge dementsprechend erhöhen.

Weitere Nachteile seien schlechtere Leistungen bei Demenz, die Wartezeit von fünf Jahren und die andauernde Beitragszahlung auch im Leistungsfall.

Tarife kritisiert

Auch die Kombination geförderter und ungeförderter Tarife findet keine Gnade vor den Augen der Finanzdienstleistungstester.

Die Vertragsbedingungen seien schlechter als die völlig ungeförderter Tarife. Diese Tarife empfiehlt die Stiftung, aber erst für Menschen älter als 40 Jahre.

Das Lebenszeit-Versicherungskonzept der Stiftung Warentest sieht die Absicherung des Pflegerisikos nicht als prioritär an. Pflegezusatzversicherungen seien gerade für jüngere Menschen vergleichsweise weniger wichtig als die private Haftpflichtversicherung, die Berufsunfähigkeitsversicherungen, die private Altersvorsorge und der Vermögensaufbau zum Beispiel auch mit einer Immobilie, heißt es bei der Stiftung.

PKV-Verband kontert Kritik

Der Verband der Privaten Krankenversicherung hat die Kritik der Stiftung Warentest am "Pflege-Bahr" als undifferenziert zurückgewiesen.

"Diesen notwendigen Schritt in die richtige Richtung zu kritisieren, ist weder gegenüber den potenziell Pflegebedürftigen noch den nachfolgenden Generationen verantwortbar", heißt es in einer Mitteilung des Verbandes vom Mittwoch.

Die vom Staat mit 60 Euro im Jahr geförderten Pflegetagegeldversicherungen seien als Anreiz gedacht, zusätzliche Vorsorge für den Pflegefall zu treffen, nicht dazu, eine 100-prozentige Absicherung für den Fall der Pflegebedürftigkeit zu bieten.

Die Förderung unterstütze den Einstieg in die eigenverantwortliche Pflegevorsorge. Sie sei von Anfang an so gedacht gewesen, nur einen Teil der möglichen Pflegekosten abzudecken, sagte ein Sprecher des Ministeriums der "Ärzte Zeitung".

Opposition ätzt: Klientelpolitik

Für die Opposition ist die von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) auf den Weg gebrachte staatliche Förderung für Pflegetagegeldversicherungen denn auch nichts weiter als Klientelpolitik.

"Der Staat muss aufhören, weiterhin 60 Euro im Jahr pro versicherten in eine Versicherung zu investieren, die niemandem etwas bringt - außer den Versicherungen," sagte Elisabeth Scharfenberg, Sprecherin der Fraktion der Grünen für Alten- und Pflegepolitik, am Mittwoch.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Fehlstart für Pflege-Bahr

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