Pflege-Fehler

Der Irrtum kann zur Chance werden

Für eine offene Fehlerkultur bei Pflegekräften in Heimen und Kliniken wirbt eine neue Broschüre des AOK-Bundesverbandes. Darin erzählen Pflegekräfte über ihre Fehler - und was sie daraus lernten. Laut einer Studie wissen etwa 31 Prozent der Pflegekräfte nicht, welche Ereignisse sie melden müssen.

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NEU-ISENBURG. Destilliertes Wasser statt Lokalanästhetikum, vertauschte Ziffern bei der Zahl der Betäubungsmittel oder der plötzliche Tod einer Patientin, obwohl sich der Pflegedienst täglich gekümmert hat: Diese und noch rund ein Dutzend mehr Fälle und Erfahrungsberichte listet der AOK Bundesverband in seiner neuen Broschüre "Fehler als Chance" auf.

Darin erzählen Pflegekräfte und Medizinische Fachangestellte, wie es aus ihrer Sicht zu dem Fehler kommen konnte und wie Kollegen und Vorgesetzten sowie sie selbst mit der Situation umgegangen sind.

Für die beschriebenen Fehler halten auch viele Experten aus der Pflegeszene ihren Kopf hin: Andreas Westerfellhaus, Präsident des Deutschen Pflegerates, berichtet aus seiner Berufspraxis und den Umgang mit Fehlern, ebenso wie Peter Bechtel, Vorsitzender des Bundesverbandes Pflegemanagement oder der Geschäftsführer des Deutschen Pflegeverbandes, Rolf Höfert.

"Und immer noch werden Fehler im Gesundheitswesen verschwiegen, vertuscht und verheimlicht", schreiben Hedwig François-Kettner, Vorsitzende des Aktionsbündnis Patientensicherheit, und Andreas Westerfellhaus vom Deutschen Pflegerat im Vorwort der Broschüre.

Beide werben im Vorfeld des Deutschen Pflegetages kommende Woche in Berlin für eine offene Fehlerkultur. "Lassen Sie sich auf einen Prozess ein, in dem alle Lernende sind", appellieren François-Kettner und Westerfellhaus. Jeder Fehler sei auch eine Chance, die Sicherheit der Patienten zu erhöhen.

Unklar, wohin Fehler gemeldet werden müssen

Laut einer Studie von Professor Monika Hebermann vom Zentrum für Pflegeforschung in Bremen ist 31,2 Prozent der Pflegekräfte aus Klinik und Heimen unklar, welche Ereignisse sie melden müssen. In einem Fragebogen gaben 54,5 Prozent der Teilnehmer an, in den vergangenen sechs Monaten keinen Fehler gemeldet zu haben.

Rund 15,5 Prozent erklärten, dass mindestens die Hälfte aller Fehler in ihrer Einrichtung gemeldet werden. "Hier lag der Durchschnitt für die Krankenhäuser unter dem der Pflegeheime", heißt es in der Studie.

Auch war vielen Befragten nicht klar, wie hoch der Aufwand für eine Fehlermeldung sein würde. Dies sei für 12,2 Prozent der Befragten das Hindernis, einen Fehler nicht zu melden.

In Pflegeheimen sei die Frucht vor disziplinarischen Konsequenzen deutlich höher als in der Klinik, so die Studie weiter.

"Ein geregelter und offener Umgang mit Fehlern nützt allen, denn er hilft, unausgesprochene Ängste und Sorgen zu vermeiden", heißt es im Fazit der Studie.

Der AOK-Bundesverband will das Heft auch Einrichtungen in der Ausbildung von Pflegekräften und Medizinischen Fachangestellten zur Verfügung stellen. (bee)

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