Pflege

Der Fahrplan zur Kammer steht

Die ersten Pflegekammern nehmen Konturen an. Noch ist das Rennen offen, wo die erste Kammer eröffnet wird. Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz liegen derzeit vorne. Doch noch längst sind nicht alle Diskussionen um Pro und Contra verstummt.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Freude über die Pflegekammern?

Freude über die Pflegekammern?

© contrastwerkstatt / fotolia.com

BERLIN. Spätestens 2016 soll es in Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz Pflegekammern geben. Vorbereitet werden die Gründungen von Errichtungsausschüssen. Auch in Niedersachsen und Bayern nimmt der Zug Richtung Selbstverwaltung der Pflege Fahrt auf.

Gegen die Errichtung eines Selbstverwaltungsorgans in der Pflege argumentieren nach wie vor Arbeitgeberverbände und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Allerdings nicht durchgehend konsistent. Verdi sitze im Gründungsausschuss der Pflegekammer in Rheinland-Pfalz mit am Tisch und soll dort konstruktiv mitarbeiten, wird berichtet.

Auch nicht alle Pflegenden, die künftigen Pflichtmitglieder der Kammern, sind von den heraufziehenden organisatorischen Veränderungen ihres Berufsstandes überzeugt. In Schleswig-Holstein ist das Ergebnis einer Umfrage unter 1140 Pflegenden (von rund 40.000) dazu mit 51 Prozent denkbar knapp ausgefallen.

Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) hält den Ausgang der Umfrage nicht nur deshalb für fehlinterpretiert. Zahlreiche Pflegende hätten nur unter der Voraussetzung zugestimmt, dass das Land den Kammerbeitrag übernehme. Dazu gibt es allerdings keine Entscheidung.

Angaben zu den Kammerbeiträgen für die Pflichtmitgliedschaft schwanken zwischen 60 Euro im Jahr für nicht berufstätige Pflegekräfte und 250 Euro für Pflegemanager.

Der Geschäftsführer des Deutschen Pflegeverbandes, Rolf Höfert, geht davon aus, dass die Gegner der Pflegekammern den Verlust von Macht und Einfluss fürchteten, wenn die Pflegenden ihre Interessen selbst verträten, Fort- und Weiterbildung und Qualitätssicherung unabhängig organisierten sowie das Berufsrecht selbst setzten.

Kammern nicht verfassungswidrig

Der weitestgehende Vorwurf, die Pflichtmitgliedschaft in der Kammer, schmälere das Recht zur Berufsausübung und sei deshalb verfassungswidrig, gilt seit 2008 als widerlegt. Damals hatte der Sozialrechtler Professor Gerhard Igl in einem Gutachten für den Deutschen Pflegerat bestätigt, dass Pflegekammern und Pflichtmitgliedschaften mit dem Grundgesetz vereinbar seien.

Die parteipolitischen Präferenzen sind nicht eindeutig. Während die CDU in Kiel die Pläne am liebsten ausgesetzt sähe, hat sich der Berliner Gesundheitssenator Mario Czaja, ebenfalls Christdemokrat, für eine Pflegekammer ausgesprochen. Immer vorausgesetzt, die Pflegenden in der Hauptstadt sprechen sich mehrheitlich dafür aus.

Für den Präsidenten des Deutschen Pflegerates, Andreas Westerfellhaus, ist klar, dass die Pflegenden "willens und in der Lage sind, sich selbst zu verwalten." Diese Botschaft gab er beim Pflegetag Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) mit auf den Weg.

Der betonte den Status der Pflege als eigenständige Säule im Gesundheitswesen und antwortete etwas verklausuliert, aber durchaus nicht ablehnend: "Wir brauchen die Ideen und Einschätzungen der beruflich pflegenden Menschen."

Im Vorfeld des Pflegekongresses 2012 hatte Westerfellhaus gegenüber der "Ärzte Zeitung" noch beklagt, dass bei der Pflege zu viele Kräfte mitreden wollten.

Es gebe eine Überwachung durch die medizinischen Dienste, über Berufsverordnungen, über Ausbildungssysteme, über Weiterbildung, von der Deutschen Krankenhausgesellschaft angefangen bis zum Gemeinde- und Städtetag. Das sei ein unüberschaubarer Wust.

Bei den Bürgermeistern zumindest scheint ein Umdenken eingesetzt zu haben. Sie haben sich als Partner des Pflegetages den Forderungen der Pflegeverbände schon angenähert.

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