Altenpflege

Viel weniger Papierkram durch Pflege-Doku light

Die Pflegedokumentation ist eine wichtige Grundlage, um die Qualität der Pflege zu gewährleisten - raubt im Arbeitsalltag aber oft viel Zeit. Doch das soll sich ab sofort ändern. Einrichtungen können freiwillig auf die vereinfachte Pflege-Doku umstellen.

Von Jana Kötter Veröffentlicht:
Das Bündnis "Pflege steht auf" macht sich in Bremen schon lange für eine Entbürokratisierung stark.

Das Bündnis "Pflege steht auf" macht sich in Bremen schon lange für eine Entbürokratisierung stark.

© Carmen Jaspersen / dpa

BERLIN. Weniger Papierkram, mehr Zeit für die Pflege: Das soll bald durch die vereinfachte Pflegedokumentation bundesweit Realität in Altenpflegeeinrichtungen werden.

Pünktlich zum Start des neuen Projektbüros des Pflegebeauftragten, welches die ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen bei der Umsetzung der Pflege-Doku light unterstützen soll, ist auch der Abschlussbericht zur Umsetzungsstrategie fertig.

Das teilten nun der GKV-Spitzenverband, der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) und die Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) mit.

Ziel der vorgesehenen Vereinfachung ist es, Pflegekräfte von Bürokratie zu entlasten und mehr Zeit für die Bewohner zu gewinnen.

Künftig werden beispielsweise nur noch Ereignisse und Leistungen dokumentiert, die von der Pflegeplanung abweichen; eine Dokumentation von Routinetätigkeiten in der Grundpflege - etwa Körperpflege oder Ernährung - entfällt.

Auch die Pflegeplanung wird verschlankt: So sollen nur noch fünf statt bisher 13 Themenfelder beim Pflegebedürftigen überprüft werden. Die gewohnte, umfangreiche Dokumentation soll so zum Teil auf ein Zehntel des ursprünglichen Umfangs schrumpfen.

Projektbüro ist das Kernstück

Das Dokument "Entwicklung einer Implementierungsstrategie (IMPS) zur bundesweiten Einführung des Strukturmodells für die Pflegedokumentation der stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen" zeigt nun, wie dies flächendeckend Alltag werden soll.

Das Kernstück der IMPS ist das Projektbüro: Vier bis sechs Mitarbeiter werden laut Abschlussbericht in diesem unter dem Pflegebeauftragten Karl-Josef Laumann (CDU) angesiedelten Büro tätig sein.

Sie werben bei den Verbänden in der Pflege und den Ländern für eine möglichst flächendeckende Umsetzung des Strukturmodells und helfen bei der Umsetzung.

Das Projektbüro ist "verantwortlich für die fachliche, organisatorische und fachpolitische Umsetzung und Steuerung des Gesamtvorhabens", konstatiert die IMPS. In Zusammenarbeit mit den Verbänden und den Kooperationsgremien der Länder obliegt ihm die Gesamtsteuerung der Implementierung.

So koordiniert es auch den Einsatz der rund 650 Multiplikatoren, die das Projekt schon bald in alle Winkel der Republik tragen sollen. Für die Benennung von Multiplikatoren kommen beispielsweise Personen aus der Referententätigkeit, der Bildungsarbeit sowie des Pflege- oder Qualitätsmanagements in Frage.

Zweitätige Schulung nötig

Nach einer zweitägigen Schulung erhalten sie eine Teilnahmebescheinigung durch das Projektbüro. Ab diesem Zeitpunkt sind sie dafür verantwortlich, Schulungen durchzuführen, Konzepte zu entwickeln und zu koordinieren sowie juristische Aspekte zu erläutern.

Im Mai werden laut Zeitplan die Schulungen in den ersten teilnehmenden Einrichtungen beginnen; zunächst soll das Projekt vor allem von Verbänden beworben werden.

Für Juni 2016 ist ein Abschlussbericht geplant. Von den knapp 25.000 Pflegediensten und -einrichtungen in Deutschland sollen bis dahin mindestens 25 Prozent, also 6175, für eine Teilnahme gewonnen werden.

Die geplante zweijährige Förderung der IMPS ist explizit an diese Erwartung geknüpft, die personellen Ressourcen für das Projektbüro laut Bericht "zunächst für ein Jahr" festgelegt. Sollte die erhoffte Eigendynamik nicht aufkommen, müsse das Berliner Büro wieder geschlossen werden, sagte Laumann zuvor.

30 Prozent mehr Zeit für die Pflege

"Die Teilnahme ist eine Frage der Vernunft", warb der Pflegebeauftragte jedoch bereits im August für eine breite Teilnahme.

Auch Heimaufsichten und der Medizinische Dienst der Krankenkassen hätten nach seinen Angaben Interesse an der Umstellung.

Ein bundesweites Modellprojekt hatte gezeigt, dass durch eine solche Umstellung tatsächlich mehr Zeit für die Pflege bleibt: 26 stationäre Pflegeeinrichtungen und 31 ambulante Pflegedienste testeten eine vereinfachte Dokumentation im Alltag.

Das Ergebnis: Die entlasteten Mitarbeiter fühlten sich motivierter und zufriedener und konnten bis zu 30 Prozent mehr Zeit für die Pflegearbeit aufbringen.

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Führen den BVKJ: Tilo Radau (l.), Hauptgeschäftsführer, und Präsident Michael Hubmann im Berliner Büro des Verbands.

© Marco Urban für die Ärzte Zeitung

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch.

© Rolf Schulten

Interview

Diakonie-Präsident Schuch: Ohne Pflege zu Hause kollabiert das System