Nach der Klinik

Case Managerinnen helfen

Ein Versorgungskonzept mit Case Managerinnen und Gesundheitshelferinnen in der Region Lippe in NRW zeigt Erfolge.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Gesundheitshelferinnen unterstützen Patienten nach stationären Aufenthalten.

Gesundheitshelferinnen unterstützen Patienten nach stationären Aufenthalten.

© Kzenon / Fotolia.com

DORTMUND. Die sektorübergreifende Versorgung muss keine wohlklingende Worthülse bleiben. Das zeigen die Erfahrungen des Ärztenetzes Lippe und des Klinikums Lippe in Detmold, die seit einigen Jahren erfolgreich ein Case Management für geriatrische Patienten anbieten. Jetzt haben die Partner eine gemeinsame Case Management-Gesellschaft gegründet, die "RVL – Regionales Versorgungskonzept Lippe GmbH".

Kern des Versorgungsmodells ist der Einsatz von Case Managerinnen oder Gesundheitshelferinnen. Bei ihnen handelt es sich um weiterqualifizierte Krankenschwestern oder Medizinische Fachangestellte.

Wenn Ärzte in Klinik oder Praxis bei Patienten einen besonderen Unterstützungsbedarf erkennen, besuchen die Case Managerinnen die Patienten in ihrem häuslichen Umfeld – vorausgesetzt die Patienten oder die betreuenden Angehörigen sind einverstanden.

Beratung nach der Klinik

Häufig kommen sie nach der Entlassung älterer Patienten aus der Klinik zum Einsatz. "Wir besprechen die häusliche Situation und machen ein Assessment nach dem Barthel-Index", erläutert Case Managerin Emma Smoljanow, Krankenschwester mit der Zusatzqualifikation Kauffrau im Gesundheitswesen. Insgesamt sind beim Regionalen Versorgungskonzept Lippe vier Gesundheitshelferinnen auf drei Vollzeitstellen beschäftigt.

Die Gesundheitshelferinnen machen einen Medikamentencheck und prüfen, welche Hilfsmittel vorhanden sind oder besorgt werden müssen, ob pflegerischer oder anderer Hilfebedarf besteht, berichtet sie. Die Case Managerinnen helfen bei der Auswahl und der Organisation der Dienstleistungen. "Gerade wenn sie allein sind, sind ältere Menschen oft hilflos, weil es so viele Angebote gibt."

Wichtig ist nach Angaben von Smoljanow der Austausch mit den behandelnden Ärzten. "Wir geben Rückmeldung an den Hausarzt, was wir besprochen, empfohlen und eingeleitet haben", betont sie. Die Leistungen der Case Managerinnen sind für die Patienten kostenlos.

Strukturen gemeinsam aufgebaut

Das Besondere ist, dass die niedergelassenen Ärzte und das Klinikum die Strukturen für das Case Management gemeinsam aufgebaut haben. Bei Bedarf können beide Seiten auf die Koordinationsleistungen und das Wissen der Gesundheitshelferinnen zurückgreifen. Entstanden ist das Konzept über ein Förderprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen zur Verbesserung der geriatrischen Versorgung.

Nach dem Auslaufen der Förderung hat die Klinik das Projekt zunächst allein "auf kleinerer Flamme" weiterfinanziert, sagt der Medizinische Direktor Dr. Helmut Middeke. "Wir wussten, dass es eine versorgungspolitisch sinnvolle Sache ist, von der das Klinikum auf lange Sicht profitiert."

Weitere Mittel sind über das Modellprojekt "Optimierung der ärztlichen Versorgung in Pflegeheimen" der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe gekommen. Seit 2010 sind rund 900 Patienten von den Case Managerinnen betreut worden.

Zu Beginn hat nur die Klinik Patienten eingeschrieben, dann haben die niedergelassenen Ärzte aktiv die Betreuung für Patienten abgefragt, berichtet Middeke. "Die Akzeptanz bei Klinikärzten und Niedergelassenen war der entscheidende Erfolgsfaktor."

Konzept soll ausgeweitet werden

Das bei geriatrischen Patienten erprobte Konzept soll jetzt auf alle chronisch kranken Erwachsenen mit komplexen Versorgungsverläufen ausgeweitet werden. "Es geht darum, Versorgungsbrüche zu vermeiden. Dafür muss man nicht für jedes Krankheitsbild neue Strukturen aufbauen", betont er.

In der "RVL – Regionales Versorgungskonzept Lippe GmbH" werden künftig alle Case Management-Angebote gebündelt, sagt Constanze Liebe, Geschäftsführerin des Ärztenetzes Lippe. "Wir haben die Zusammenarbeit auf gesellschaftsrechtlich feste Füße gestellt."

An der GmbH halten das Klinikum und das Ärztenetz mit seinen 130 Mitgliedern jeweils 50 Prozent. Über sie wollen die Initiatoren Verträge mit Kostenträgern schließen. Gerade im ländlichen Raum sei die Unterstützung der Ärzte durch hochqualifizierte Kräfte wichtig, sagt Liebe.

Die Gesundheitshelferinnen vermitteln ihnen wichtige Informationen, an die sie sonst nur schwer kommen. "Die Hausärzte haben sich früher selbst als Case Manager gesehen, doch diese Aufgabe können sie heute in der komplexen Versorgungslandschaft nicht mehr leisten."

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Führen den BVKJ: Tilo Radau (l.), Hauptgeschäftsführer, und Präsident Michael Hubmann im Berliner Büro des Verbands.

© Marco Urban für die Ärzte Zeitung

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch.

© Rolf Schulten

Interview

Diakonie-Präsident Schuch: Ohne Pflege zu Hause kollabiert das System