Barmer-Report

Jung und pflegebedürftig? Keine Plätze da!

Junge Pflegebedürftige erhalten in Deutschland nicht die Art von Betreuung, die sie sich wünschen.

Von Anne Zegelman Veröffentlicht:
Nicht gut versorgungt: Die Barmer geht davon aus, dass etwa 4000 teilstationäre und rund 3400 Kurzzeitpflegeplätze für Kinder und Jugendliche fehlen.

Nicht gut versorgungt: Die Barmer geht davon aus, dass etwa 4000 teilstationäre und rund 3400 Kurzzeitpflegeplätze für Kinder und Jugendliche fehlen.

© Nelos/Fotolia

BERLIN. In Deutschland fehlen tausende Pflegeplätze für Kinder und Jugendliche – und die, die es gibt, gehen an den tatsächlichen Bedürfnissen vorbei. Zu diesem Schluss kommt der Barmer Pflegereport, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Die Kasse geht davon aus, dass etwa 4000 teilstationäre und rund 3400 Kurzzeitpflegeplätze fehlen. Jedes Jahr untersucht die Barmer das Leistungsgeschehen in der Pflege in einer repräsentativen Umfrage; befragt wurden diesmal gut 1700 Versicherte.

"Für junge Pflegebedürftige geht das Angebot an geeigneten Pflegeplätzen an deren Bedürfnissen vorbei, Wunsch und Wirklichkeit klaffen häufig auseinander", kritisierte Barmer-Vorstandsvorsitzender Professor Christoph Straub. Er forderte, die Situation der jungen Pflegebedürftigen müsse dringend verbessert werden – und zwar nicht auf lange Sicht, sondern kurzfristig. "Hier sind Politik, Pflegekassen und Leistungserbringer gleichermaßen gefragt", so Straub.

Junge Pflegebedürftige haben andere Bedürfnisse als ältere – darauf wies der Autor des Pflegereports Professor Heinz Rothgang von der Universität Bremen hin. So ist bei ihnen der Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben besonders ausgeprägt, eine vollstationäre Pflege eher die Ausnahme ist. Stattdessen ziehen sie eine Wohngruppe, eine betreute Wohngemeinschaft, ein Heim für Menschen mit Behinderung oder das Leben mit einem Partner vor. Doch genau dort fehlt es an entsprechenden Angeboten, wie der Pflegereport belegt: So gaben 35 Prozent der Zehn- bis 29-Jährigen an, gerne in eine Wohngruppe ziehen zu wollen. Jedoch hat etwa jeder zweite Pflegebedürftige in dieser Altersklasse angegeben, dass sich sein Wechsel in eine Wohngruppe und auch in ein Pflege- oder Behindertenheim zerschlagen hat, weil kein Platz in der Einrichtung vorhanden war.

Im Jahr 2015 haben insgesamt 386.000 Pflegebedürftige unter 60 Jahre in Deutschland gelebt – das entspricht 13,5 Prozent der 2,86 Millionen Pflegebedürftigen mit den Pflegestufen eins bis drei. Wie Rothgang hervorhob, unterscheiden die Jüngeren sich in vielerlei Hinsicht von älteren Pflegebedürftigen. So ist der Großteil der Pflegebedürftigen unter 60 (211.000) männlich – während bei der Gesamtzahl aller Pflegebedürftigen in Deutschland die Frauen überwiegen. Insgesamt haben die jüngeren Betroffenen andere Krankheitsbilder und leiden eher selten an Demenz oder den Folgen von Schlaganfällen. Nach der Analyse des Reports haben 35 Prozent Lähmungen, 32 Prozent Intelligenzminderungen, 24 Prozent eine Epilepsie und zehn Prozent das Down-Syndrom.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Investition in die Zukunft

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