Bundesagentur für Arbeit

Personalmangel in der Altenpflege spitzt sich zu

Der Arbeitsmarkt für examinierte Kräfte in der Alten- und Krankenpflege ist wie leergefegt, berichtet die Bundesagentur für Arbeit. Sie wirbt beständig Pflegekräfte im Ausland an.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Hilfe dringend gesucht: Bei den Altenpflegefachkräften stehen aktuellen Zahlen zufolge 100 gemeldeten Stellen lediglich 19 Arbeitslose gegenüber.

Hilfe dringend gesucht: Bei den Altenpflegefachkräften stehen aktuellen Zahlen zufolge 100 gemeldeten Stellen lediglich 19 Arbeitslose gegenüber.

© didesign / stock.adobe.com

NÜRNBERG. Altenpflegeheime in Deutschland müssen sich nach Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit (BA) weiter auf Probleme bei der Besetzung freier Pflege-Jobs einstellen. Der Fachkräftemangel in der Branche habe zuletzt weiter zugenommen, teilte die Bundesagentur für Arbeit (BA) zum „Tag der Pflege“ am Freitag mit. Inzwischen bestehe bundesweit ein Fachkräftemangel in diesem Bereich.

„In keinem Bundesland stehen rechnerisch ausreichend arbeitslose Bewerber zur Verfügung, um damit die der Bundesagentur gemeldeten Stellen besetzen zu können“, bilanziert die Nürnberger Bundesbehörde in einer Analyse. Dies gelte allerdings nur für examinierte Altenpflegefachkräfte, nicht für Altenpflegehelfer.

Bei den Altenpflegefachkräften stehen 100 gemeldeten Stellen lediglich 19 Arbeitslose gegenüber, heißt es in der aktuellen Analyse. Damit habe sich die Situation aus Sicht der Arbeitgeber „weiter zugespitzt“. Zum Vergleich: vor fünf Jahren kamen auf 100 gemeldete Stellen noch 38 Arbeitslose.

183 Tage bis zur Nachbesetzung

Inzwischen dauere es 183 Tage, bis Heimbetreiber eine frei gewordene Pflegestelle neu besetzt hätten, zwölf Tage länger als noch im Jahr 2017. Immerhin hätten die verbesserten Fördermöglichkeiten mehr Jobsucher veranlasst, sich zum Altenpfleger ausbilden zu lassen. Gänzlich anders sieht die Situation bei den Altenpflegehelfern aus, schreibt die BA.

Hier kommen auf 100 gemeldete Stellen noch 322 Arbeitslose. Auch die sogenannte Vakanzzeit, also die Frist bis eine freie Stelle wiederbesetzt werden kann, deutet nach BA-Angaben nicht auf einen Engpass hin. Sie lag zuletzt bei 122 Tagen und damit nur neun Prozent über dem Bundesdurchschnitt.

Ebenfalls schwierig, wenn auch nicht ganz so dramatisch sei die Situation bei Krankenpflegern. Auch hier sei der Bedarf an examinierten Kräften groß. Im Jahresschnitt seien bei der Bundesagentur rund 6000 arbeitslose examinierte und besonders spezialisierte Krankenpfleger registriert gewesen; gesucht wurden von Kliniken aber 14.900.

Insgesamt waren im Vorjahr in Kliniken 1,06 Millionen Krankenpflegekräfte beschäftigt. Der überwiegende Teil von ihnen – rund 72 Prozent – sind examinierte Fachkräfte. Der Helferanteil ist mit 16 Prozent deutlich geringer als in der Altenpflege.

Lohnabstand von 500 Euro

Nach wie vor gibt es ein erhebliches Lohngefälle zwischen Alten- und Krankenpflegekräften. Im Dezember 2017 lag der durchschnittliche Bruttolohn in der Krankenpflege bei 3314 Euro, in der Altenpflege dagegen bei 2746 Euro. Ähnlich groß ist der Gehaltsabstand bei Pflegehelfern in Krankenhäusern und Altenheimen (2494 zu 1944 Euro).

Immer stärker setzen Arbeitgeber auf ausländische Arbeitskräfte, um den Fachkräftemangel zu lindern. Nach Angaben der BA hat sich die Zahl der im Rahmen der Freizügigkeit in Deutschland beschäftigten Pflegekräfte aus EU-Staaten um 28.000 auf 75.000 erhöht.

Im Rahmen des Programms „Triple Win“ wirbt die Bundesagentur in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) seit 2013 Pfleger aus Bosnien-Herzegowina, Serbien, den Philippinen und Tunesien an. Seit dem Start des Projekts seien bereits 2000 Pflegekräfte an deutsche Pflegeheim vermittelt worden. Bis Jahresende sollen es 3000 sein, sagte eine BA-Sprecherin.

Ein Teil des Fachkräfteproblems könnte nach Einschätzung der Bundesagentur dadurch gelöst werden, dass Teilzeitbeschäftigte in der Pflege dazu ermuntert werden sollten, ihre Arbeitszeit zu verlängern. In der Altenpflege arbeiteten nach BA-Angaben im Juni vergangenen Jahres 56 Prozent in Teilzeit, in der Krankenpflege 44 Prozent. In allen anderen Berufen liegt dieser Anteil im Schnitt nur bei 28 Prozent.

Mehr Verantwortung für die Pflege

Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, mahnte angesichts der Zahlen, Pflegepersonen mehr Verantwortung in der Versorgung zu geben. „Tradierte Professions- und Hierarchiegrenzen sind nicht mehr zeitgemäß und verhindern eine effiziente und professionelle Versorgung der Menschen“, so Westerfellhaus.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft teilte angesichts des Tags der Pflegenden mit, man wolle mit einem Personalbemessungsinstrument die Weichen stellen, um „die Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Attraktivität des Arbeitsplatzes Krankenhaus zu erhöhen“, sagte DKG-Präsident Dr. Gerald Gaß. Es gehe nun darum, im „Schulterschluss mit dem Deutschen Pflegerat und verdi eine bedarfsgerechte Pflegeausstattung zu definieren“. Ein solches Bemessungsinstruments könnte starre Pflegepersonaluntergrenzen und Pflegepersonalquotienten „überflüssig“ machen, hofft Gaß.

Merkel: Bei der Pflege auf gutem Weg

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat versichert, dass die Bundesregierung weiter daran arbeite, die Situation in der Pflege zu verbessern. Zum internationalen Tag der Pflege am 12. Mai dankte Merkel unter anderem den Angehörigen von Pflegebedürftigen, auf denen der größte Teil der Arbeit laste. „In den Familien wird Unglaubliches geleistet“, so Merkel in ihrem am Samstag veröffentlichten Podcast.

Der Staat können hier nur unterstützend tätig sein, zum Beispiel durch eine bessere soziale Absicherung, Möglichkeiten zur beruflichen Freistellung und eine professionelle Beratung.

Auch bei den professionellen Pflegekräften befinde man sich auf einem guten Weg. Mit dem „Sofortprogramm Pflege“ sei zum Beispiel die Ausbildung für Pflegekräfte vollkommen neu geordnet worden.

Für Pflegekräfte in der Ausbildung werde es in Zukunft kein Schulgeld mehr geben, sondern „eine anständige Vergütung“. Zudem würden 13.000 neue Vollzeitstellen in den Pflegeeinrichtungen aus den Versicherungen finanziert. (mit dpa-Material)

Wir haben diesen Beitrag aktualisiert am 12.5.2019 um 20 Uhr

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