Geriatrie im Südwesten

Kliniken hissen weiße Fahne

Sozialministerin Altpeter drückt bei den Beratungen zum neuen Geriatrie-Konzept aufs Tempo. Immer mehr Einrichtungen arbeiten mit roten Zahlen, mehrere Häuser mussten schließen. Jetzt sollen die Kassen mit den Trägern für eine verlässliche Belegung der Reha-Kliniken sorgen.

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Seit 2012 haben in Baden-Württemberg drei geriatrische Einrichtungen dicht gemacht.

Seit 2012 haben in Baden-Württemberg drei geriatrische Einrichtungen dicht gemacht.

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STUTTGART. In Baden-Württemberg wächst der Druck auf Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD), die geriatrische Versorgung neu zu ordnen.

Seit 2012 haben im Südwesten bereits drei geriatrische Einrichtungen die Pforten geschlossen. Im Juni kündigte der Altenheimträger DfM (Dienste für Menschen) dann an, seine geriatrische Rehaklinik in Esslingen-Kennenburg (Aerpah-Klinik) zum April 2013 dichtzumachen.

In den aktuellen Verhandlungen mit Kostenträgern "habe sich für das gemeinnützige Unternehmen keine akzeptable Perspektive ergeben", erklärte DfM-Geschäftsführer Peter Stoll.

Ähnlich äußerte sich Esslingens Oberbürgermeister Jürgen Ziegler in einem Schreiben an Sozialministerin Altpeter: "Wenn in Baden-Württemberg seit dem Jahr 2010 in mittlerweile 15 Landkreisen das Angebot an geriatrischen Betten entweder deutlich reduziert oder sogar eingestellt wurde, so zeigt das die Unterfinanzierung drastisch".

Er warnte, die Stadt Esslingen "kann und darf nicht Träger einer geriatrischen Rehabilitationsklinik sein".

Ausgaben steigen stärker als die Einnahmen

Zwischen 2006 und 2010 seien die Ausgaben um rund 13 Prozent gestiegen, die Einnahmen dagegen nur um 1,9 Prozent, erklärte der Bundesverband Geriatrie im Juli.

Bislang seien die finanziellen Verluste durch den Verzicht auf notwendige Investitionen ausgeglichen worden, doch nun sei "das Ende der Fahnenstange erreicht", erklärte Dirk van den Heuvel, Geschäftsführer des Bundesverbands Geriatrie.

Sozialministerin Altpeter sieht diese Entwicklung nach eigenen Worten "mit großer Sorge". Allerdings bleiben ihr kurzfristig kaum mehr als Appelle und Polit-Lyrik: Kassen und Träger von geriatrischen Reha-Einrichtungen sollten "konstruktiv an der Weiterentwicklung der geriatrischen Versorgungsstrukturen mitwirken", erklärte sie am Freitag (23. August).

Anders als bei der Krankenhausplanung fehlen dem Land bei Reha-Einrichtungen gesetzliche Kompetenzen für die Planung oder für Standortentscheidungen.

Noch in diesem Jahr, drängte Altpeter, sollte das neue Geriatriekonzept des Landes verabschiedet werden, und zwar "möglichst im Konsens". Im Konzept will die Landesregierung verbindlich festlegen, "wie der Zugang zur Geriatrischen Rehabilitation und eine verlässliche Belegung der Einrichtungen verbindlich festgelegt werden können.

Studie soll Bedarf an geriatrischer Versorgung ermitteln

Das geltende Geriatriekonzept stammt aus dem Jahr 2001 - die Rahmenbedingungen haben sich seitdem deutlich geändert. Die Versorgung werde sich stärker als bisher auf die besonderen Anforderungen bei der Behandlung mehrfach und chronisch erkrankter alter Menschen einstellen müssen, hatte Altpeter zum Start der Beratungen über das neue Konzept im Herbst vergangenen Jahres erklärt.

Nötig sei es, medizinische Angebote enger mit den Pflegestrukturen und Unterstützungsangeboten für alte Menschen zu vernetzen.

Eine Studie, die in Kürze vom Ministerium vergeben wird, soll helfen, fundierte Daten zum künftigen Bedarf bei der geriatrischen Versorgung zu ermitteln.

Das Land stelle dafür zusammen mit der AOK Baden-Württemberg 300.000 Euro zur Verfügung. Die Kasse steuert für die Studie auch Daten aus der Routineversorgung bei, heißt es. (fst)

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