Mütter-Kind-Kur

Genehmigung der Kassen bleibt intransparent

Die Genehmigung von Mütter-Kind-Kuren schwankt je nach Kasse und nach Region stark. Das Müttergenesungswerk beklagt weiter unnötige Hürden für Versicherte. Die Arbeit der Beratungsstellen müsse finanziell gesichert werden.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:

BERLIN. Bei der Genehmigung oder Ablehnung von Mutter- oder Vater-Kind-Maßnahmen entscheiden Krankenkassen offensichtlich immer noch stark unterschiedlich. Das geht aus Zahlen des Müttergenesungswerks (MGW) aus dem kürzlich vorgestellten Jahresbericht 2016/17 hervor.

Danach beträgt die Ablehnungsquote GKV-weit zwölf Prozent. Allerdings variiert diese Quote zwischen neun (AOK) und 20 Prozent (Techniker Kasse). 65 Prozent der Widersprüche von Versicherten sind im Vorjahr erfolgreich gewesen, teilt das MGW mit. Auch auf Ebene der Bundesländer fallen erhebliche Unterschiede bei der Genehmigungspraxis auf. So wurden im vergangenen Jahr in Nordrhein-Westfalen nur neun Prozent der Anträge abgelehnt, in Bremen waren es 26 Prozent.

Häufigste Ablehnungsgründe

Als häufigster Ablehnungsgrund gaben Kassen in 17 Prozent der Fälle an, ambulante Maßnahmen seien noch nicht ausgeschöpft. Bei 15 Prozent der abgelehnten Anträge sahen Kassen keine medizinische Notwendigkeit für eine Mutter-Kind-Kur. Bei elf Prozent der Fälle erkannten die Kassen keinen Zusammenhang der Erkrankung mit der Mutter-Kind-Rolle.

Der Zugang zu einer Kur könnte nach Ansicht des MGW durch ein bundeseinheitliches Attestformular erleichtert worden. Der Bundestag hat dies bereits 2011 in einem Antrag gefordert, doch dessen Umsetzung steht aus. Sorgen bereitet dem MGW zudem, dass die Zahl der Beratungsstellen sinkt. Derzeit sind es bundesweit 1200, zehn Jahre zuvor waren es noch 1400. Im Vorjahr wurden diese Einrichtungen von 130.000 Müttern und Vätern aufgesucht. Individuelle Beratung sei aber wichtig, damit die Versicherten ihren gesetzlichen Anspruch wahrnehmen könnten, betont das Genesungswerk. Angesichts der fehlenden öffentlichen Finanzierung der Beratungsstellen hält der MGW hier eine eigene Regelung durch den Gesetzgeber für notwendig.

GKV-Ausgabenanteil stagniert

Den MGW-Daten zu Folge haben sich 2016 insgesamt rund 49.000 Mütter in eine Mutter- (4000) oder Mutter-Kind-Kur (45.000) begeben. Diese Zahl ist im Vergleich zu 2015 konstant geblieben. Die GKV-weiten Ausgaben für Vorsorge- und Reha-Leistungen für Mütter und Mütter mit Kindern beliefen sich im Vorjahr auf rund 401 Millionen Euro. Das entspricht einem Ausgabenplus von rund drei Prozent im Vergleich zu 2015. Der Anteil an den Gesamtausgaben der GKV stagniert allerdings seit 2012 bei 0,18 Prozent. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 machte dieser Leistungskomplex noch 0,31 Prozent der Ausgaben aus.

Der Anteil der teilnehmenden Väter belief sich im Vorjahr mit rund 1600 auf 3,2 Prozent. Sie wiesen bei der Aufnahme in die MGW-Einrichtungen ähnliche Gesundheitsstörungen wie die Mütter auf: Bei 83 Prozent der Väter wurden psychische Störungen wie Erschöpfungszustände oder depressive Episoden festgestellt, bei den Müttern waren es 87 Prozent.

Zweithäufigste Erkrankung waren Muskel-Skelett-Beschwerden mit 43 (Mütter ) und 37 Prozent (Väter). Bei den 71.000 Kindern, die im Vorjahr an einer Kur teilnahmen, wiesen etwa 80 Prozent eine eigene Indikation auf.

Mütter-Kind-Kuren

- Seit 2007 haben Mütter einen gesetzlichen Anspruch auf eine Kur gemeinsam mit Kindern, wenn ein Arzt sie für medizinisch begründet hält.

- Die Ablehnungsquote war bis auf 35 Prozent im ersten Halbjahr 2011 gestiegen. Damals schlug das Müttergenesungswerk Alarm und warf Kassen willkürliche Ablehnungen vor.

- Ende 2011 überarbeiteten auf Druck der Politik die Kassen und der Bundesverband Deutscher Privatkliniken mit dem MGW die Begutachtungsrichtlinie "Vorsorge und Rehabilitation".

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