Schock-Bilder

Hoffnung und Skepsis gegenüber Tabakrichtlinie

Große abschreckende Bilder auf Zigarettenpackungen sollen künftig vom Rauchen abhalten. So sieht es die neue Tabakproduktrichtlinie der EU vor. Doch Experten sind unsicher, ob die Pläne auch Realität werden.

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HEIDELBERG. Große Hoffnung verbindet Dr. Martina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum mit der aktuell geplanten Änderung der europäischen Tabakproduktrichtlinie (TPR).

"Wir hoffen sehr, dass die EU dann für Zigarettenpackungen große Warn-Bilder vorschreibt, die sowohl auf der Vorder- als auch der Rückseite der Packung 65 Prozent des Platzes einnehmen", informiert die Leiterin der DKFZ-Stabstelle Krebsprävention anlässlich der 11. Deutschen Konferenz für Tabakkontrolle in Heidelberg.

In den nächsten zwei Wochen werde Brüssel über die neue Richtlinie entscheiden, so die WHO-Expertin. Bleibt es bei der bisherigen Fassung wird es auch ein klares Verbot für Menthol-Zigaretten geben. Ein neues, fälschungssicheres Markierungssystem auf Zigarettenpackungen soll zudem dafür sorgen, den Zigarettenschmuggel einzudämmen.

"Leider wird mit der TPR nicht grundsätzlich der Inhaltsstoff Menthol in Zigaretten verboten", bedauert Pötschke-Langer. Menthol als Zusatzstoff ist in geringeren Dosierungen in vielen Zigaretten, damit der Rauch milder und somit eine schmerzfreiere Inhalation des Nikotins möglich wird.

Auch ein Verbot für bayrischen Schnupftabak oder sogenannte Slim-Zigaretten konnten in Brüssel nicht durchgesetzt werden. "Dabei versucht die Tabakindustrie derzeit mit aufwändigen Werbeaktionen für beide Produkte, besonders Jugendliche fürs Rauchen zu gewinnen", kritisiert Pötschke-Langer.

Starke Tabaklobby in Brüssel

"Die Lobby der Tabakindustrie in Brüssel ist sehr stark", warnt der Berliner Journalist Dietmar Jazbinsek. Allein Marlboro-Hersteller Philip Morris habe in Brüssel 161 Lobbyisten im Einsatz, die den intensiven Kontakt zu den EU-Abgeordneten pflegten, informiert er über seine Recherchen vor Ort.

Jazbinsek vermutet, dass diese Lobbyarbeit Grund dafür sein könnte, weshalb ursprüngliche Gesetzespläne im Kampf gegen das Rauchen später keine Mehrheit fanden.

Dabei sprechen aus Sicht von Dr. Tobias Effertz vom Institut für Recht der Wirtschaft der Universität Hamburg nicht nur gesundheitliche, sondern auch wirtschaftliche Gründe gegen das Rauchen.

"Die jährlichen Kosten für das Gesundheitswesen in Deutschland belaufen sich auf 18 Milliarden Euro und sind damit höher als bisher geschätzt", macht er deutlich.

Für seine Analyse legt Effertz Routine-Daten der Krankenkassen aus den Jahren 2008 bis 2012 zugrunde. Für die GKV ergebe sich, dass die Entscheidung zu rauchen, immer unvorteilhaft sei.

"Jeder neue Raucher stellt eine heutige Belastung von knapp 30.000 Euro dar, jede Raucherin sogar von 143.000 Euro", so der Hamburger Wissenschaftler.

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