Prävention bei jungen Rauchern

Deutsche Erfolge und die Nebelkerzen der Tabaklobby

Die Tabaklobby in Irland und Großbritannien versucht mit aller Kraft, Pläne zur Einführung von standardisierten Zigarettenverpackungen zunichte zu machen. Sie arbeitet dabei zielgerichtet mit falschen Fakten und verweist auf vermeintliche Erfolge von Präventionskampagnen in deutschen Schulen, die es so gar nicht gibt.

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Rauchen verboten.

Rauchen verboten.

© Horst Galuschka / dpa

BERLIN. Glimmstängel verlieren bei Jugendlichen in Deutschland immer mehr an Bedeutung. Der Raucheranteil unter Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren ist nach einem Bericht des Deutschen Krebsforschungszentrums (dkfz) in den Jahren zwischen 2001 und 2012 von 28 Prozent auf zwölf Prozent gesunken.

Das dkfz führt diesen durchschlagenden Erfolg in einem aktuellen Bericht auf mehrere politische Maßnahmen zurück, die das Konsumverhalten nachhaltig verändert hätten. Danach führten die deutlichen Tabaksteuererhöhungen in den Jahren 2002 bis 2005 zu einem Rückgang des Raucheranteils von 28 Prozent (2001) auf 18 Prozent im Jahr 2007.

Nach der breiten öffentlichen Debatte um den Nichtraucherschutz und der Einführung der Nichtraucherschutzgesetze in den Jahren 2007 bis 2010 sank der Anteil rauchender Jugendlicher noch einmal deutlich von 18 auf 13 Prozent.

Eine erhebliche Wirkung erzielten auch die veränderten Jugendschutzgesetze, mit einer Anhebung des Bezugsalters für Zigaretten zunächst auf 16 Jahre (2003) und später auf 18 Jahre (2007).

Als besonders effizient haben sich aus Sicht des dkfz auch größere Warnhinweise auf Zigarettenpackungen seit 2002 und ein Tabakwerbeverbot für Printmedien und Internet im Jahr 2007 erwiesen.

Präventionsprogramme in deutschen Schulen hingegen erzielten aus Sicht des dkfz eine extrem unbefriedigende Wirkung. Aktuellen Evaluierungen zufolge erreichen diese Programme lediglich zwischen neun und 15 Prozent der Schüler in den jeweiligen Altersstufen.

Bei lediglich einem Schüler pro Klasse gelinge es, den Einstieg ins Rauchen zu verhindern oder zumindest zu verzögern - eine mehr als bescheidene Bilanz.

Umso verblüffender ist es, dass die Tabakindustrie in Großbritannien und Irland aktuell auf das angeblich erfolgreiche pädagogische Präventionskonzept in Deutschland verweist und den dortigen Regierungen zur Nachahmung empfiehlt. Dabei werfen die Tabakproduzenten zielgerichtet mit Nebelkerzen.

Verärgerung über Tabakindustrie

Sie versuchen aus Sicht des dkfz derzeit mit aller Macht, weitere Regulierungen des Tabakmarktes in ihren Ländern zu verhindern - dazu gehört auch die Blockade von Plänen zur Einführung standardisierter Verpackungen.

Das dkfz zeigt sich erbost über die Argumente der Tabakindustrie. "Wir weisen mit Nachdruck die Behauptungen der Tabaklobby zurück, dass die Erfolge auf Erziehungsprogramme zurückzuführen seien", kritisiert Dr. Martina Pötschke-Langer, Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention im dkfz und Herausgeberin des aktuellen Factsheets "Tabakprävention in Deutschland - was wirkt wirklich?"

Vielmehr bestätigten die Ergebnisse der dkfz "den breiten internationalen wissenschaftlichen Konsens über die Wirksamkeit von deutlichen Tabaksteuerhöhungen auf das Rauchverhalten von Jugendlichen", so Pötschke-Langer.

Das dkfz sieht den Kampf gegen den blauen Dunst noch längst nicht abgeschlossen. Es fordert weitere Gesetzesmaßnahmen zur Tabakprävention. Dazu gehören ein umfassendes Werbeverbot, weitere Erhöhungen der Tabaksteuer, ein Nichtraucherschutzgesetz, das keine Ausnahmen zulässt, und die Einführung großer, bildgestützter Warnhinweise. (fuh)

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