Hepatitis-B

Mit Prophylaxe nach Exposition warten?

Möglicherweise wirkt eine HBV-Postexpositionsprophylaxe auch dann noch, wenn sie erst 24 Stunden nach der Exposition mit Hepatitis-B-positivem Blut erfolgt. Zumindest deutet darauf eine retrospektive Analyse aus Südkorea hin. Die Studienautoren plädieren deshalb dafür, immer erst die Ergebnisse der Serologie abzuwarten.

Von Veronika Schlimpert Veröffentlicht:
Spritze mit infiziertem Blut? Eine Gefahrenquelle für Ärzte und Pfleger.

Spritze mit infiziertem Blut? Eine Gefahrenquelle für Ärzte und Pfleger.

© Steve Goodwin / iStock / Thinkst

DAEGU/SÜDKOREA. Kommen Ärzte oder Pfleger beispielsweise durch eine Nadelstichverletzung in Kontakt mit Hepatitis-B-Virus(HBV)-positivem Blut, sollte bei nicht oder unzureichend geimpften Personen möglichst rasch eine Postexpositionsprophylaxe (PEP) erfolgen.

So empfiehlt das "Center of Disease Control and Prevention", möglichst nicht mehr als 24 Stunden vergehen zu lassen. Doch wie wirksam ist die Prophylaxe, wenn es doch länger dauern sollte, wenn etwa die Ergebnisse der Serologie noch ausstehen?

Südkoreanische Wissenschaftler haben nun versucht, rückblickend herauszufinden, wie viel Zeit bis zum Wirkverlust der Prophylaxe vergehen darf (Am J Infect Control 2015; online 27. Oktober).

Sicherer Schutz in allen Fällen

Sie fanden 143 Fälle, bei denen Ärzte oder Pfleger während der Arbeit in Kontakt mit HBV-positivem Blut gekommen waren und kein ausreichender Immunschutz nachweisbar war (Anti-HBs negativ).

Alle 143 Mitarbeiter erhielten deshalb eine PEP mit HBV-Immunglobulinen, 119 bekamen zusätzlich eine aktive HBV-Impfung.

Bei 98 Mitarbeitern (68,5 Prozent) wurde die passive PEP innerhalb von 24 Stunden eingeleitet; bei 43 Personen (30,1 Prozent) dauerte dies länger als ein Tag, bei zweien erfolgte sie sogar erst nach sieben Tagen.

Trotz dieser Verzögerung konnte man aber bei keinem Mitarbeiter eine HBsAg-positive Serokonversion in den darauffolgenden zehn Monaten nachweisen. Es kam somit bei keinem Mitarbeiter zu einer akuten Virusinfektion nach der Exposition.

Erst die Serologie abwarten

Für die Studienautoren um Dr. Hyun-Ha Chang vom Universitätsklinikum Daegu ist dieser Befund ein Hinweis dafür, dass eine PEP 24 Stunden nach HBV-Exposition nicht zwangsläufig das Infektionsrisiko erhöht.

Sie sind deshalb der Meinung, dass man mit der Prophylaxe warten sollte, bis die Ergebnisse der Serologie vorliegen. Unnötig durchgeführte Prophylaxen würden ja auch eine höhere Kostenbelastung für die Kliniken bedeuten, argumentieren sie.

In dieser Analyse sind immerhin 73 Mitarbeitern, die nach Exposition mit HBV-positivem Blut eigentlich einen ausreichenden Immunschutz aufwiesen und daher keine Postexpositionsprophylaxe benötigt hätten, unnötigerweise HBV-Immunglobuline injiziert worden.

Insgesamt war es in den 15 untersuchten südkoreanischen Krankenhäusern zu 1395 Fällen beruflicher HBV-Exposition gekommen, von diesen waren 1098 Mitarbeiter Anti-HBs-positiv und damit ausreichend geschützt.

Jedoch ist es unter anderem aufgrund des retrospektiven Designs sicherlich nicht möglich, aus der Untersuchung Rückschlüsse auf die tatsächliche Effektivität der PEP zu ziehen.

Beispielsweise war nur in etwa der Hälfte der untersuchten Fälle der HBeAg-Serostatus der Indexpatienten - der entscheidende Marker für das Übertragungsrisiko - überhaupt bekannt.

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