Kinderschutz-Projekt

Pädiater geben Infos zu Gewaltprävention

Um Gewalt und Verwahrlosung vorzubeugen, gehen Kinderärzte in Düsseldorf neue Wege.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Gewalt gegen Kinder durch Überforderung der Eltern: Oft wissen diese dann nicht, wohin sie sich wenden sollen. Ein Projekt soll hier helfen.

Gewalt gegen Kinder durch Überforderung der Eltern: Oft wissen diese dann nicht, wohin sie sich wenden sollen. Ein Projekt soll hier helfen.

© Patrick Pleul / dpa

DÜSSELDORF. Kinderärzte in Düsseldorf erproben einen neuen Ansatz, um Gewalt und Verwahrlosung von Kindern vorzubeugen. Sie legen künftig in allen Vorsorgeheften ein Blatt ein, das Eltern über Anlaufstellen informiert, an die sie sich bei einer möglichen Gefährdung des Kindeswohls wenden können. Das Projekt ist gemeinsam von Pädiatern, dem Düsseldorfer Jugendamt und Trägern der Frühen Hilfen entwickelt worden.

 Es sei ein großes Problem, dass viele Eltern bei einer Überforderung nicht wissen, an wen sie sich wenden können, sagt Dr. Josef Kahl. Der Kinderarzt aus Düsseldorf ist Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte und einer der Initiatoren des Projekts. Die Einrichtungen der Frühen Hilfen sind nach wie vor zu wenig bekannt, weiß Kahl. „Wir hoffen, dass wir das mit unserer Initiative ändern können.“

Es war eine bewusste Entscheidung, die Informationsblätter bis zur U7a-Untersuchung am Ende des dritten Lebensjahres in alle gelben Hefte einzukleben. So wolle man die Diskriminierung und Stigmatisierung einzelner Familien verhindern, betont er.„Außerdem wissen wir nicht, in welchen Familien die Notsituationen auftreten werden.“

Die meisten Eltern wollten das Beste für ihr Kind und seien bereit, sich Unterstützung zu holen, wenn sie wissen, wo sie sich hinwenden können, sagt Dr. Gabriele Komesker, ärztliche Leiterin der Kinderschutz-Ambulanz am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf. „Wir können und sollten Eltern in die Prävention von Gewalt einbinden, wo immer es möglich ist.“ Man müsse ihnen zeigen, wo sie Hilfe finden, bevor die Kinder leiden, sagt Komesker.

Präventions-Projekt stößt auf positives Interesse

Die Praxis von Pädiater Kahl ist eine der fünf Praxen, in denen das Einlegeblatt getestet worden ist. Die Reaktion der Eltern war bislang meist positiv. Sie seien interessiert und fühlten sich nicht angegriffen, berichtet der Arzt. „Die Bereitschaft ist groß, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.“

Jetzt werden alle Pädiater in Düsseldorf in das Projekt einbezogen, mithilfe eines Sponsors konnten rund 20.000 Einlegeblätter gedruckt werden. „Wir wollen die Eltern flächendeckend erreichen“, sagt er. Sowohl die Ärzte als auch die medizinischen Fachangestellten werden nach und nach darin geschult, wie sie die Eltern auf die Handreichung aufmerksam machen können.

Das Projekt wird vom Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften der Hochschule Düsseldorf wissenschaftlich begleitet. Belegt die Evaluation den Erfolg der Initiative, soll sie bundesweit ausgerollt werden. Nach Angaben von Kahl haben Kinder- und Jugendärzte aus benachbarten Städten bereits großes Interesse an der der Initiative.

Neben der schriftlichen Handreichung ist auch eine App geplant, kündigt er an. Die Eltern sollen sich auch auf dem Smartphone schnell über die Angebote der Frühen Hilfen vor Ort informieren können.

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