Masern

Impfpflicht wird heiß diskutiert

Nach dem Vorstoß des Brandenburger Landtags legt möglicherweise auch die Bundesregierung bald einen Vorschlag zur Impfpflicht gegen Masern vor.

Veröffentlicht:
Kommt die Pflicht zur Masern-Impfung?

Kommt die Pflicht zur Masern-Impfung?

© Astrid Gast / stock.adobe.com

BERLIN. Die Pläne für eine Masern-Impfpflicht in Deutschland werden konkreter. Anfang Mai wird dazu ein Vorschlag des zuständigen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) erwartet.

Spahn hat sich für verpflichtende Masern-Impfungen für Kinder in Kitas und Schulen ausgesprochen. Auch die SPD plädiert dafür. Der CSU-Vorsitzende Markus Söder ist jedoch skeptisch.

Unter den Ländern gibt es derzeit auch keine einheitliche Position. Einige wollen den Vorschlag des Bundes abwarten. Dies würde jedenfalls eine bundeseinheitliche Lösung erleichtern.

Auch NRW hat Impfpflicht beschlossen

Neben dem Brandenburger Landtag zeigte sich Nordrhein-Westfalens Landesregierung entschlossen, eine Impfpflicht einzuführen. Derzeit prüft das Land aber noch.

Familienminister Joachim Stamp (FDP) sagte der „Rheinischen Post“: „Ich bin für eine generelle Impfpflicht - das gilt auch für Kindergärten.“ Auch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) ist dafür.

Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles unterstützt Spahns Vorhaben. „Ich finde es richtig, bei sehr ansteckenden Krankheiten wie Masern eine Impfpflicht einzuführen“, sagte sie der „Süddeutschen Zeitung“ (Montag).

Es gehe dabei nicht nur um die Gesundheit der Kinder, sondern auch um den Schutz älterer Menschen mit geschwächtem Immunsystem vor Ansteckung.

Giffey: "Staatliches Handeln ist gefragt"

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) bekräftigte im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstag): „Staatliches Handeln ist gefragt, wenn das Risiko, andere Kinder in Kindergärten, Schulen oder in anderen Einrichtungen zu gefährden, nicht anders in den Griff zu bekommen ist.“

CSU-Chef Söder dagegen wirbt zwar für freiwillige Impfungen, sieht eine Impfpflicht aber skeptisch. Dazu gebe es derzeit noch keine Veranlassung, sagte der bayerische Ministerpräsident am Sonntag in München. Die Impfquote sei noch ausreichend, so dass über solche Maßnahmen noch nicht nachgedacht werden müsse.

Ein Zwang zur Masern-Impfung dürfte nicht leicht durchzusetzen sein. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hatte schon vor zwei Jahren auf verfassungsrechtliche Probleme hingewiesen. Die Experten schlossen aber die Möglichkeit, eine Impfpflicht für bestimmte Krankheiten durchzusetzen, nicht generell aus.

Für Kita-Kinder könnte das noch einigermaßen funktionieren, bei Schul-Kindern ist das möglicherweise schwieriger.

Und jenseits der rechtlichen Problematik kommt noch hinzu, dass die Impfung in mehreren Schritten erfolgt und erst danach wirksam wird. Entschieden werden muss also auch über den Impfstoff und darüber, ob es Dreifach- oder Vierfach-Impfungen gibt.

Keine einheitliche Position bei den Ländern

Bei den Ländern gibt es derzeit keine einheitliche Position. Nach einem Masern-Ausbruch in Schleswig-Holstein fordert zudem die Hamburger CDU eine Impfung aller städtischen Mitarbeiter, die mit Kindern arbeiten.

Außerdem solle der Besuch einer Kita für Kinder nur noch mit „einwandfrei nachgewiesenem Impfstatus“ möglich sein, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin, Birgit Stöver.

In Niedersachsen lehnt Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) trotz einer gestiegenen Zahl von Masernfällen eine Impfpflicht vorerst ab. Über diesen Schritt solle erst dann diskutiert werden, wenn es langfristig zu einer Verschlechterung der derzeitigen Situation komme, sagte die SPD-Politikerin.

Höhere Impfquoten erwünscht

Auch die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kolat sieht weiter keinen Bedarf, eine Masern-Impfpflicht für Kinder einzuführen.

„Prinzipiell habe ich nichts gegen eine Impfpflicht, aber wir warten jetzt den Gesetzentwurf auf Bundesebene dazu ab“, erklärte die SPD-Politikerin. Wenn die Impfpflicht bundesweit komme, setze Berlin sie jedoch um.

Der hessische Gesundheitsminister Kai Klose (Grüne) will mit einer besseren Aufklärung für höhere Impfquoten sorgen. „Aus unserer Sicht ist eine Impfpflicht im Moment nicht verhältnismäßig und auch nicht notwendig“, sagte er.

Man müsse einfach die Bevölkerung, aber auch Berufsgruppen im Gesundheitswesen und bei der Kinderbetreuung stärker für das Thema sensibilisieren.

Thüringens Bildungsminister Helmut Holter hat sich dafür ausgesprochen, dass die Landesregierung die Brandenburger Initiative für eine bundeseinheitliche Masern-Impfpflicht unterstützt.

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Hessen fordert eine verpflichtende Impfung vor Aufnahme in eine Gemeinschaftseinrichtung. Sachsen-Anhalts Ärzte sehen das ähnlich.

Zumindest beim Besuch von Kindertagesstätten und Schulen solle ein Impfnachweis vorliegen, teilte die Ärztekammer am Samstag nach einer Kammerversammlung in Freyburg/Unstrut mit. (dpa)

Wir haben den Beitrag aktualisiert am 15.04.2019 um 10:50 Uhr.

Lesen Sie dazu auch: Brandenburg: Keine Masern-Impfung? Kein Kita-Besuch!

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Masern-Impfpflicht „light“

Schlagworte:
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Dr. Iris Dötsch Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin hat die Hauptstadtdiabetologinnen, eines neues Netzwerk für Frauen in der Diabetologie, gegründet.

© snyGGG / stock.adobe.com

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen