Masernschutzgesetz

Bundesrat will mehr Mitsprache bei Impfpflicht

Spahns Masernschutzgesetz ist zustimmungspflichtig, meint die Länderkammer. Die „Organisations- und Verwaltungshoheit“ der Länder sei an vielen Stellen berührt. Hinzu kämen hohe Bürokratiekosten für die Länder.

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Florian Staeck

BERLIN. Die Länder fordern mehr Mitsprache beim Masernschutzgesetz. Der Gesetzentwurf müsse daher als zustimmungsbedürftig eingestuft werden, heißt es in den Empfehlungen der Bundesratsausschüsse, über die die Länderkammer am 20. September abstimmt. Die „Organisations- und Verwaltungshoheit“ der Länder sei an vielen Stellen berührt. Hinzu kämen hohe Bürokratiekosten, die auf die Länder abgewälzt werden.

Der Entwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium sieht vor, dass in Schulen, Kitas, in Einrichtungen der Kindertagespflege sowie in Asylbewerberunterkünften sowohl das Personal als auch Schüler und Betreute einen ausreichenden Impfschutz oder eine Immunität gegen Masern nachweisen müssen.

Allein im laufenden Jahr seien dem Robert Koch-Institut bis Ende Mai bereits 420 Masernfälle gemeldet worden, heißt es im Entwurf. Die zusätzlichen Ausgaben der gesetzlichen Kassen durch mehr Schutzimpfungen werden in den Jahren 2020/2021 – inklusive Arzthonorar – auf bis zu 74 Millionen Euro geschätzt.

Der Mehraufwand für die Länder durch das Gesetz werde hoch sein. Allein in Schulen und ähnlichen Einrichtungen in Rheinland-Pfalz müssten rund 450.000 Impfnachweise geprüft und – falls nötig – das Gesundheitsamt informiert werden. Die zu erwartende Arbeitsbelastung werde allein in Rheinland-Pfalz 61 Vollzeitstellen an Schulen entsprechen.

Kritisch sehen die Länder die erweiterte Meldepflicht für Ärzte. Sie soll künftig, unabhängig von der Meldung durch das Labor, auch bei Meningoenzephalitis oder bei Clostridioides-difficile-Infektionen gelten. Das widerspreche dem Ziel des Infektionsschutzgesetzes, den Katalog der meldepflichtigen Krankheiten „auf das Nötigste zu beschränken“. Die „Meldemoral“ der Ärzte dürfe nicht gefährdet werden.

Die Länder warnen auch vor praktischen Problemen beim Vollzug. Denn den Leitern von Kitas oder Schulen soll es künftig obliegen, auf Basis des Impfpasses die Immunität festzustellen. Sie besäßen dafür aber nicht die fachliche Qualifikation, sollten aber dennoch Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes übernehmen. Das sei verfassungsrechtlich problematisch, weil es sich oft um Einrichtungen in privater Trägerschaft handele.

Dass die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mehr Mittel für die Information der Bevölkerung über Schutzimpfungen erhalten soll, stößt bei den Ländern auf Zustimmung. Die Information der Fachöffentlichkeit – vor allem von Ärzten – solle aber beim Robert Koch-Institut angesiedelt werden. Die Ständige Impfkommission habe Ärzten in der Vergangenheit „sehr gute Informationen“ zur Verfügung gestellt. Das solle ausgebaut werden. (fst)

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