31. Psychotherapeutentag

Psychotherapeuten definieren politische Agenda

Viele Aufgaben sehen die Psychotherapeuten für die neue Wahlperiode: Neben der Studienreform die Bedarfsplanung, die Vergütung und die Versorgung bei komplexem Hilfebedarf.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

BERLIN. Neben der Reform der Ausbildung von Psychotherapeuten einschließlich der finanziellen Absicherung in der Weiterbildungsphase sieht der Berufsstand für den Gesetzgeber erheblichen Handlungsbedarf zur Sicherung der psychotherapeutischen Versorgung. Dies wurde beim 31. Psychotherapeutentag am Samstag in Berlin artikuliert.

Scharfe Kritik äußerte der Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, Dr. Dietrich Munz, an der Praxis der Bedarfsplanung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss. Er sei dominiert von den Interessen der Kassen an einer sparsamen Versorgung und den honorarpolitischen Erwägungen der KBV auf der Leistungserbringerbank. Symptomatisch dafür sei der jüngste Beschluss des GBA, in der Planungsregion Ruhrgebiet lediglich 85 zusätzliche Psychotherapeuten zuzulassen, während nach einem Expertenpapier 540 neue Psychotherapeutensitze notwendig seien. Munz: "Das ist eine rein ökonomische Entscheidung von Kassen und KBV."

Darum müsse der Gesetzgeber der Selbstverwaltung präzise Vorgaben machen, die vier Aspekte berücksichtigen sollten: Verbesserung der Versorgung auf dem Land, Stärkung der regionalen Entscheidungsebene, Koppelung der Reformen für Bedarfsplanung und Vergütung sowie eine sektorenübergreifende Ausrichtung.

Probleme sieht Munz auch vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesschiedsamts zum Umfang der von Terminservicestellen der KVen zu vermittelnden Therapien. Dazu sollen auch probatorische Sitzungen nach Paragraf 12 der Psychotherapierichtlinien zählen. Dies werde zum einen das Praxis-Management der Vertragspsychotherapeuten vor erhebliche Herausforderungen stellen. Es könnte auch für die Krankenhäuser interessant werden, die Leistungen ihrer Institutsambulanzen auszuweiten – dies werde aber nicht flächendeckend geschehen. Damit würden erhebliche Wartezeiten offenkundig.

Eine Lösung sei auf Dauer nur mit einer Reform der Bedarfsplanung möglich. Die Option für Kassenpatienten, Psychotherapeuten in Anspruch zu nehmen, die nicht dem KV-System angehören, und wegen Systemversagens Kostenerstattung zu beanspruchen, werde seit Inkrafttreten der neuen Psychotherapie-Richtlinien zum 1. April von den Krankenkassen zunehmend verweigert.

Ein "Scheitern des deutschen Sozialsystems" sieht Munz bei der bedarfs- und bedürfnisorientierten Versorgung von Menschen mit komplexem Hilfebedarf. Die Bundespsychotherapeutenkammer fordert hierzu die Einsetzung einer Enquetekommission durch den Bundestag, die bis zur Mitte der Legislaturperiode Grundlagen für gesetzliche Neuregelungen zur Organisation von sektoren-, kostenträger- und berufsgruppenübergreifenden Versorgungsangeboten erarbeitet.

In einer Resolution fordert der Psychotherapeutentag ferner eine gesetzliche Regelung für die Krankenkassen, dass sie die Kosten für qualifizierte Dolmetscherdienste in der Gesundheitsversorgung und vor allem auch in der Psychotherapie von Flüchtlingen übernehmen.

Außerdem müssten Sonderbedarfszulassungen für Psychotherapeuten mit spezifischer Sprachkompetenz möglich sein.

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