Psychotherapeuten

BÄK lehnt neue Ausbildung strikt ab

Die Reform und vor allem das Modellvorhaben zur Verordnung von Psychopharmaka gefährde die Versorgung, warnt die Bundesärztekammer.

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BERLIN. In die Diskussion um die Reform der Psychotherapeuten-Ausbildung klinkt sich nun auch die Bundesärztekammer (BÄK) mit sehr deutlichen Worten ein: Die Kammer lehnt den Reformvorschlag aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) „strikt ab“, heißt es in einer Mitteilung. Der Entwurf verfehle völlig das Ziel einer verbesserten Ausbildung in diesem wichtigen Versorgungsbereich. Ganz im Gegenteil: Die BÄK warnt sogar vor einer Gefährdung der Patienten durch die Reform.

Der Entwurf aus dem BMG sieht für den Zugang zur Versorgung ein fünfjähriges Direktstudium vor, das sich in ein dreijähriges Bachelor- und zweijähriges Masterstudium gliedert, und eine strukturierte Weiterbildung analog jener der Ärzte. Der BÄK stoßen dabei vor allem zwei Dinge auf: Psychologische Psychotherapeuten ergänzten das therapeutische Angebot sinnvoll, sie könnten aber nicht die ganzheitliche Diagnose und Therapie ersetzen.

De facto geht es der Kammer hier um die somatische Expertise der ärztlichen Psychotherapeuten und ihre Stellung in der Versorgung. Harsche Kritik übt die Kammer aber auch an den geplanten Modellstudiengängen, in denen die Absolventen auch zur Verordnung von Psychopharmaka befähigt werden sollen. „Das gefährdet die Sicherheit der Patienten“, warnt die BÄK.

Somatische Expertise

„Mir missfällt ebenfalls, dass die Psychopharmakologie nun Teil des Reformvorhabens ist“, sagt Benedikt Waldherr, 1. Vorsitzender des Bundesverbands der Vertragspsychotherapeuten (bvvp). Das nötige zusätzliche Wissen dafür könne man sich in der kurzen Studienzeit von fünf Jahren nicht aneignen.

Waldherr kann aber auch das Argument zur somatischen Expertise nachvollziehen: „Ich bin sehr dafür, dass es auch genügend ärztliche Psychotherapeuten gibt“, sagt er, immerhin sind in seinem Verband auch 2600 ärztliche Psychotherapeuten vertreten.

Es sei zwar ein großer Anteil somatischen Grundwissens in dem geplanten Studium, aber dennoch sei es stärker psychotherapeutisch ausgerichtet. Waldherr hätte sich auch einen höheren praktischen Anteil im Sinne eines Praktischen Jahres wie bei den Medizinstudenten gewünscht.

Gutes Geschäftsmodell

Seiner Meinung nach gibt es aber noch andere Gründe dafür, dass die ärztlichen Psychotherapeuten immer mehr ins Hintertreffen geraten. Seit Jahren gebe es eine enorm hohe Zahl gut ausgebildeter nicht-ärztlicher Psychotherapeuten. Die Ausbildung junger Psychologen zu Psychotherapeuten ist für manche Anbieter ein gutes Geschäftsmodell, das unabhängig von den Niederlassungsmöglichkeiten Nachwuchs produziere.

Während der Nachwuchs bei der ärztlichen Psychotherapie stagniere – auch weil hier relativ lange Weiterbildungszeiten und bessere Verdienstmöglichkeiten in anderen Fächern junge Ärzte von dieser Weiterbildung abhielten, so Waldherr. Außerdem hätte man seitens der Politik die Bedarfsplanung schon viel früher effizient anpacken müssen: „Versorgungsprobleme haben wir vor allem in den ländlichen Regionen“, sagt er.

Mit Unverständnis reagiert indes die Psychotherapeutenkammer Hessen: „Zukünftige Psychotherapeuten weisen theoretische und praktische Kompetenzen in einem Umfang vor, die weit über den Anforderungen für Mediziner im Bereich Psychiatrie und Psychotherapie liegen“, sagt Hessens Kammerpräsidentin Dr. Heike Winter. „Das Gesundheitsministerium hat den Aspekt des Patientenschutzes mit großer Sorgfalt berücksichtig“, ergänzt sie.

Die Ausbildungsreform sei zudem in hohem Maße geeignet, eine für die Versorgung „gewinnbringende Kooperation zwischen Psychotherapeuten und Ärzten zu fördern“. (reh)

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