HzV im Südwesten

Pädiatrie-Vertrag soll Gräben zuschütten

Kampf und Krampf - so sah das Verhältnis der Berufsverbände von Haus- und Kinderärzten im Südwesten lange aus. Stein des Anstoßes war die HzV. Bald startet der Pädiatrie-Vertrag. Er soll die Wende bringen.

Raimund SchmidVon Raimund Schmid Veröffentlicht:
Mädchen bei einer U-Vorsorge: Der AOK-Vertrag umfasst auch neue speziell pädiatrische Leistungen.

Mädchen bei einer U-Vorsorge: Der AOK-Vertrag umfasst auch neue speziell pädiatrische Leistungen.

© Meseritsch / fotolia.com

BAD ORB. Die 760 pädiatrischen Vertragsärzte in Baden-Württemberg dürften das neue Jahr förmlich herbeisehnen. Denn am 1. Januar 2014 tritt der neue Pädiatrievertrag und damit ein weiteres Element des breit angelegten AOK Hausarztprogramms im Ländle in Kraft.

Die Vorfreude darauf ist bei den Kinder- und Jugendärzten nach Überzeugung von Dr. Klaus Rodens, Landesverbandsvorsitzender des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in Baden-Württemberg deshalb so groß, weil mit der Unterzeichnung des Vertrages im Juli dieses Jahres gleich drei Wünsche der Fachgruppe in Erfüllung gegangen sind.

Dazu zählt eine im Schnitt um 40 Prozent höhere Fallpauschale pro Patient und Quartal (auf 70 bis 80 Euro plus Notdienstvergütung), die Aufnahme gänzlich neuer spezieller pädiatrischer Leistungen in den Erstattungskatalog sowie die Etablierung einer eigenständigen pädiatrischen Vertragssäule innerhalb der hausarztzentrierten Versorgung (HzV).

Doch bis dahin war es ein langer Weg gewesen, räumte Rodens im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" ein. Denn über einen Zeitraum von fünf Jahren hatten die Pädiater in Baden-Württemberg die Angebote zur HzV vehement abgelehnt.

Betreuungspauschale in der Kritik

Kritik übten sie vor allem daran, dass im AOK-Vertrag mit den Allgemeinärzten zentrale pädiatrische Inhalte fehlten und Impfungen und Vorsorgen komplett in den Betreuungspauschalen versenkt waren.

Deshalb ließen die Pädiater an dem AOK-Vertrag, in den sich auch bis heute lediglich 25 ihrer Kollegen eingeschrieben haben, kein gutes Haar. Im Gegenteil: Der HzV-Vertrag mit dem Hausärzteverband wurde vom BVKJ politisch bekämpft und trug nicht zur Entkrampfung des ohnehin gespannten Verhältnisses beider Berufsverbände bei.

Diesen Makel an dem als vorbildlich geltenden HzV-Vertrag wollte die AOK Baden-Württemberg loswerden. Unter Vermittlung von Medi nahm die AOK Ende 2012 Verhandlungen mit dem BVKJ und der BVKJ Service GmbH auf, die dann nach einem halben Jahr zum Erfolg führten.

Zentrale Punkte des Vertrages sind neben einer kontaktunabhängigen Pauschale (25 Euro) und verschiedenen kontaktabhängigen Pauschalen (15 bis 50 Euro) unter anderem die folgenden Leistungslegenden:

  • zusätzliche Vergütung aller U- und J-Untersuchungen nach den Vorgaben des erweiterten Vorsorgeheftes des BVKJ (je 50 Euro);
  • eine um durchschnittlich 20 Prozent höhere Vergütung aller STIKO- und AOK-Impfungen;
  • zusätzliche Honorierung sozialpädiatrischer Gespräche mit Angehörigen und relevanten Institutionen (15 Euro je zehn Minuten);
  • ein eigenes Transitionskapitel zur Beratung von Chronikern bei der Wahl des Hausarztes nach dem 18. Lebensjahr (25 Euro);
  • ein Amplyopiescreening.

Allerdings, so Rodens, musste die BVKJ Service GmbH auch mehrere "Kröten" schlucken. Zum Beispiel die Erstattung der Osteopathie (nach Ausschluss aller schulmedizinischen Methoden), die der BVKJ strikt ablehnt.

Oder die Restriktionen für spezialisierte Kinderärzte wie etwa für Neuropädiater, die sich deshalb nach jetzigem Stand kaum in den Vertrag einschreiben werden. Oder auch Verpflichtungen hinsichtlich Fortbildungen und IT-Anforderungen, die bei Teilen der pädiatrischen Basis nach wie vor auf Widerstand stoßen.

Dennoch fällt das Fazit des BVKJ positiv aus. So sei es den Pädiatern mit dem neuen Vertrag gelungen, im "Hausarztsystem eine eigenständige Pädiatrie zu definieren und damit auch zu etablieren", meint Rodens. Und: "Wir hoffen, dass das KV-System bald nachzieht."

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