HzV-Streit in Bayern

Doppelte Schlappe für AOK

Die AOK Bayern muss nicht nur den aktuellen HzV-Vertrag umsetzen, entschied jetzt das BSG. Auch der Vorgängervertrag aus 2012 bleibt gültig.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:

KASSEL. Im Streit um die Hausarztzentrierte Versorgung (HzV) in Bayern hat die AOK Bayern eine doppelte Niederlage erlitten.

Die AOK muss den aktuellen Vertrag aus 2015 weiter umsetzen, und auch der Vorgängervertrag aus 2012 wird nicht nachträglich unwirksam, wie jetzt das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschied.

Über beide Verträge hatten sich die AOK und der bayerische Hausärzteverband nicht einigen können, so dass es zu Schiedssprüchen kam (wir berichteten). Nach Überzeugung der AOK waren diese teuer, ohne wirkliche Verbesserungen zu bringen. So habe der Vertrag aus 2012 Zusatzkosten in Höhe von 70 Millionen Euro pro Jahr gebracht.

Der Hausärzteverband schöpfe dies aus, obwohl sich deutlich weniger Versicherte in die HzV eingeschrieben hätten als erwartet. Der Verband bestritt die Höhe der Zusatzkosten und verwies auf Vorteile für Kinder und andere Gruppen.

Gebot der "maßvollen Aufsicht"

Zum Vertrag 2015 hatte der Verwaltungsrat der AOK im Mai 2015 beschlossen, diesen nicht umzusetzen. Daraufhin hatte das Bayerische Gesundheitsministerium als Aufsichtsbehörde die Kasse hierzu verpflichtet.

Das BSG entschied nun, dass diese Anordnung Bestand hat. Zwar gelte im Bereich der Selbstverwaltung das Gebot der "maßvollen Aufsicht". Mit ihrem Verwaltungsratsbeschluss habe hier die AOK aber jede Möglichkeit einer weiteren Kompromisssuche abgeschnitten. Daher habe das Gesundheitsministerium mit seiner Anordnung eingreifen dürfen.

Auch den Verweis der AOK auf einen Vorrang der gerichtlichen Kontrolle ließ der BSG-Vertragsarztsenat hier nicht gelten. Tatsächlich gelte zwar ein Vorrang der Gerichte, die Aufsichtsbehörde dürfe sich auch über noch nicht rechtskräftige Entscheidungen nicht hinwegsetzen.

Doch hier habe sich die AOK gerichtlichen Schutz erst gesucht, als ihr wohl klar wurde, dass eine aufsichtsrechtliche Anordnung droht. Der Schiedsspruch sei im Dezember 2014 gefällt worden und habe Anfang April 2015 in Kraft treten sollen. Erst Ende Mai 2015 habe die AOK aber beim Sozialgericht München einen Eilantrag gestellt, den HzV-Vertrag vorläufig auszusetzen.

 Kein berechtigtes Interesse

Nach dem weiteren Urteil wird auch der bayerische HzV-Vertrag 2012 nicht rückwirkend ungültig (wir berichteten kurz). Bezüglich der Kosten habe die AOK Bayern kein berechtigtes Interesse mehr, die Unwirksamkeit feststellen zu lassen, urteilte das BSG.

Der Vertrag sei abgelaufen und lasse sich nicht mehr rückabwickeln, so die Richter. Insbesondere hätten sich die beteiligten Ärzte lediglich an einen bestehenden Vertrag gehalten und seien daher "gegen Rückforderungen geschützt". Ein Regress gegen den Hausärzteverband oder die Schiedsperson scheide ebenso aus.

Urteile des BSG: Az.: B 6 KA 59/17 R (Vertrag 2015) und B 6 KA 44/16 R (Vertrag 2012)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Sturheit ist kein Argument

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