Tag der Kinderhospizarbeit

Eine Lebensbegleitung, die auch den Tod umfasst

Die Arbeit in Kinderhospizen wird in der Regel hoch gelobt. Der Alltag besteht allerdings oft auch aus dem Trommeln um Spenden. Der Tag der Kinderhospizarbeit am 10. Februar will Öffentlichkeit für das Thema erzeugen.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Grüne Bänder sollen an die Arbeit von ambulanten und stationären Kinderhospizen erinnern – besonders am 10. Februar.

Grüne Bänder sollen an die Arbeit von ambulanten und stationären Kinderhospizen erinnern – besonders am 10. Februar.

© Deutscher Kinderhospizverein

Verdrängen gehört zu den häufigsten Verhaltensweisen, wenn wir von sterbenden Kindern hören. Am Sonntag wird das nicht gelingen: Der 10. Februar ist Tag der Kinderhospizarbeit. In Diskussionsrunden, Lesungen, Konzerten, Sponsorenläufen oder bei Infoständen wird in ganz Deutschland auf die Situation lebensverkürzend erkrankter Kinder und deren Familien aufmerksam gemacht.

Allein zur zentralen Veranstaltung des Deutschen Kinderhospizvereins (DKHV) im Krönungssaal des Aachener Rathauses werden mehr als 300 Gäste erwartet. Als Symbol werden überall grüne Bänder an die Arbeit der ambulanten und stationären Kinderhospize erinnern – zumindest an diesem Sonntag rückt damit ein Thema in den Mittelpunkt, das selten in der Öffentlichkeit steht.

Schwerpunkt des diesjährigen Tages der Kinderhospizarbeit sind für den DKHV die Geschwister. Ziel ist es, dass Kinder und Jugendliche, deren Geschwister lebensverkürzt erkrankt oder bereits gestorben ist, sich untereinander vernetzen. Zwar gibt es ehren- und hauptamtliche Erwachsene, denen sich die Geschwister auch außerhalb ihrer Familie anvertrauen können – aber auf einer anderen Ebene. „Es ist leichter, wenn man mit jemandem auf Augenhöhe spricht, der im gleichen Alter vergleichbare Erfahrungen sammelt“, sagt Silke Keller vom Deutschen Kinderhospizverein.

Unbequemes, angstbesetztes Thema

Der Tag dient aber auch dazu, Öffentlichkeit für ein Thema herzustellen, das angstbesetzt, tabuisiert und unbequem ist: Diese Öffentlichkeitsarbeit ist schon deshalb erforderlich, weil außerhalb der betroffenen Familien nur wenige Menschen wissen, was Kinderhospizarbeit bedeutet:

- Erstens geht es nicht um eine Sterbe- sondern um eine Lebensbegleitung. Anders als bei der Erwachsenenhospizarbeit, die tatsächlich nur eine kurze Zeitspanne unmittelbar vor dem Tod umfasst, setzt die Kinderhospizarbeit früh ein. „Wir leisten eine Lebensbegleitung, die auch das Sterben umfasst“ beschreibt Keller die Tätigkeit.

Häufig handelt es sich bei den betroffenen Kindern um Patienten, bei denen eine Erkrankung von klein auf kein langes Leben zulässt oder die eine lebensverkürzende Diagnose so früh bekommen, dass viele Jahre bis zum Sterben gestaltet werden können. Deshalb ist es umso wichtiger, die Familien dieser Kinder eng und langfristig zu begleiten.

- Zweitens ist die Arbeit im Kinderhospiz anspruchsvoll, anstrengend und oft auch traurig – aber die Ehren- und Hauptamtler leisten ihre Unterstützung dennoch gerne, lachen viel und lassen nicht ständig die Köpfe hängen. „Wir bekommen von den Kindern mehr als wir geben können“, sagt Birgit Rath-Röhlk vom ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst des Flensburger Katharinen Hospizes.

Sie empfindet es als „Geschenk, im Hospiz arbeiten zu dürfen“. Vor allem die Kinder machten es den Mitarbeitern leicht: „Die nehmen uns an die Hand, wir lernen von denen. Die betroffenen Kinder sind diejenigen, die täglich mit dem Thema umgehen.“

Wegbegleiter, aber nicht Teil der Familie

Wichtig ist nach ihren Angaben aber auch, sich die professionelle Distanz zu bewahren: „Wir sind Wegbegleiter, aber nicht Teil der Familie.“ Nicht jedem gelingt das: Ehrenamtler müssen zunächst einen 120-stündigen Kurs absolvieren, in dem die nötige Balance aus Nähe und Distanz erprobt wird. Manche Helfer merken dann, dass die Begleitung nicht die richtige Form der Unterstützung für sie ist und bringen sich anders ein.

So wichtig die Distanz ist – Mitarbeiter werden von den Erlebnissen mit ihren Schützlingen immer wieder tief berührt – und das darf auch so sein. „Sonst müssten wir aufhören“, sagt eine Kollegin von Rath-Röhlk.

- Drittens sind ambulante und stationäre Kinderhospize weitgehend nicht von öffentlicher Hand finanziert, sondern auf Spenden angewiesen. Rund drei Viertel der benötigten Mittel müssen die Hospizdienste über Spenden einsammeln. Deshalb sind öffentliche Veranstaltungen für sie wichtig. Die meisten Einrichtungen setzen auf eine Verankerung in der Region, um vor Ort ihren Bekanntheitsgrad zu steigern – ein oft schwieriges Unterfangen. „Man muss beständig trommeln“, sagt Keller.

Positive Grundstimmung der Mitarbeiter

Mit der Arbeit der Hospizbewegung beschäftigt sich auch Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Dr. Heiner Garg (FDP). Der Gesundheitspolitiker hat vor mehr als 20 Jahren erstmals Hospizarbeit kennengelernt. Damals, erinnert sich Garg, brauchte er zwei Tage, um das Erlebte zu verarbeiten – es blieb einer der stärksten Eindrücke seiner zahllosen Termine als Politiker.

Beim kürzlichen Besuch des Flensburger Hospizes war die Grundstimmung eine andere als damals: Fröhlich und positiv. Garg war erneut beeindruckt von der Einstellung der Mitarbeiterinnen, nur anders als vor 20 Jahren. Der Minister bescheinigte ihnen eine „sensationelle Arbeit, die gar nicht im Fokus steht.“ Damit sich das ändert, flattert in diesen Tagen auch am Dienstwagen des Gesundheitsministers das grüne Band für den Tag der Kinderhospizarbeit.

Informationen zu den Veranstaltungen am 10. Februar: www.deutscher-kinderhospizverein.de/nc/startseite

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